Eine Menge Holz
Wie im Intro bereits berichtet, kam ich mit der Ankündigung meiner Helliver-Gitarrenbestellung zum genau richtigen Zeitpunkt bei Oliver um die Ecke. Denn dessen Gedanken zur Neuausrichtung seines Sortiments und überhaupt seiner Arbeitsstruktur hatten sich da schon in erste Entwürfe niedergeschlagen. Und nachdem ich bereits ein paar Zeichnungen gesehen hatte, lagen im Herbst 2019, als ich den Helliver-Bass testete, schon fertige Teile eines Prototypen in der Werkstatt. Und ich war sofort angefixt.
Warum? Erkläre ich gerne. Aber dazu muss ich etwas ausholen …. Ja, Gitarre was my first love, wie ich im letzten Artikel schrieb. Aber eben nicht die E-, sondern die A-Gitarre. Nach der üblichen ersten Klassikgitarren-Phase mit freundlicher Unterstützung von Peter Bursch (noch die ursprüngliche Ausgabe mit Schallfolie!) stieg ich nicht sofort zur E-Gitarre auf/um, sondern kaufte mir (mit zum Teil in Ferienjobs erarbeitetem Geld) eine ganz gute Western-Gitarre, wie Stahlsaiten-Gitarren damals im Volksmund hießen. Das war Mitte der 80er.
Die hatte sogar einen simplen Pickup und wurde deshalb in der Band, die ich ungefähr zur gleichen Zeit mitgründete, ausgiebig eingesetzt. Vom Gitarristen (Hallo Andi! 😉 ), denn ich war mittlerweile auf ebenso zufälligen wie schicksalhaften Wegen zum Bass gekommen. Meine akustische Gitarre spielte ich aber immer weiter, schließlich musste ich ja auch Songs schreiben, Harmonielehre verstehen und als Jugendgruppenleiter bei abendlichen Lagerfeuer-Sessions lustiges Rudelsingen begleiten.
Am Anfang meines Studiums lernte ich dann Harald kennen, der einen Gitarrenduo-Partner gesucht hatte – selbstverständlich A-Gitarre. Wir spielten viel zusammen. Ich hatte mich inzwischen auch ausgiebig mit Fingerpicking und sonstigen eher akustischen Spieltechniken beschäftigt.
In meinem Studienjahr in den USA, Mitte der 90er, nutzte ich Gelegenheit und Dollar-Wechselkurs dann unter anderem dafür, mir neue Instrumente zu kaufen. Auf Basis meiner real existierenden musikalischen Aktivitäten war klar, was für Instrumente das sein sollten: ein E-Bass und eine akustische Gitarre. Keine E-Gitarre!
Die ebenfalls in Atlanta gekaufte Westerngitarre von Simon & Patrick Luthier (Sub-Marke von Godin) ist auch ein schönes Schätzchen. Aber eben auch akustisch. Mit E-Gitarren hatte ich es (noch) nicht so.
Auf dem Weg zum E.
Ende der 90er machte ich auf ebenso zufälligen wie schicksalhaften Wegen die Bekanntschaft einer lustigen ”Alternative Country”-Band in Münster, Barn Pain (Toralf Spittel: Voc/AGit; Marius Spittel: Bass/bVoc; Tom Heller: Drums/bVoc; Cornelius X: EGit; Tim Stelzer: EGit/bVoc). Die suchten gerade zufällig jemanden für die Solo-Gitarre. Ich stieg ein und kaufte mir, wiederum in den USA (Studienaufenthalt in Illinois), in einem Pfandleihhaus meine erste E-Gitarre – eine Charvel/Jackson Strat-Kopie. Sehr schöne Gitarre, die mittlerweile hauptsächlich von meinem Sohn genutzt wird.
Zum Examen 1999 schenkten mir meine Großeltern eine E-Gitarre (bzw. das Geld dafür), die ich in Münster bei Rare Guitar kaufte – eine sehr, sehr schöne blaue Fender USA Telecaster. Die wurde dann meine Haupt- bzw. Band-Gitarre, prominent zu hören in diesen beiden Barn Bain-Preziosen von damals (2001):
Von A über E nach B.
Meine ersten gitarristischen Prägungen fanden also zunächst vor allem akustisch statt. Western-Gitarren waren meine Welt. Und in der Welt der E-Gitarren, die ich später erkundete, ist die von mir geliebte Fender Tele ja eher so eine No-Nonsense-Gitarre mit einem gewissen rauen, ursprünglichen Charme und Charakter. Eben ein Brett mit Saiten drauf. Gradlinig und effektiv. Aber dann, wenn man sich näher mit ihr (und ihren unzähligen Ausführungen) beschäftigt: Es gibt unglaublich viele Tele-Spieler in einer großen Bandbreite von Stilen. Albert Collins, Mike Stern, Keith Richards, Jimmy Page (ist ja mittlerweile eine Binse, dass er das Solo in ”Stairway to Heaven” auf einer Tele gespielt hat), Danny Gatton, Bruce Springsteen – to name but a few. Da steckt dann offensichtlich doch sehr viel Potenzial in dem nur scheinbar einfachen Brett.
Tja, und was soll ich sagen: Was Oliver in seinen grundlegenden Neuplanungen skizzierte und mir zeigte, kam mir auf dieser Basis dann persönlich so passgenau entgegen, dass ich auch hier nur von einem ebenso zufälligen wie schicksalhaften Weg schreiben kann. Wobei Olivers Konzept natürlich weder viel mit einer akustischen Gitarre noch mit einer Telecaster zu tun hat. Es geht hier nur darum, dass es mich, von diesen Haupt-Prägungen kommend, sofort ansprachen.
B. in Planung
Schon die ersten Parameter des neuen Modells sprachen für sich: ausgehöhlter Korpus, Single Cut, F-Löcher, zwei Pickups – ja, doch, da kam viel zusammen, was für mich zusammengehörte!
Je mehr Oliver mir von seinem neuen Modell erzählte und je mehr Skizzen er mir zeigte, umso begeisterter war ich. Also entschied ich mich letztendlich tatsächlich gegen eine Helliver – und für eines der ersten Exemplare der neuen ”Baron Elektrogitarren” (Olivers neues Label). Ein gewisses Wagnis, ja – es gab zu diesem Zeitpunkt noch kein vollständig fertiges Exemplar zum Testen. Aber ich durfte dann viele Planungsschritte und Detailveränderungen begleiten und bestaunen, die auf den Erfahrungen mit einem ersten Baron-Prototypen beruhten. Und generell vertraute ich auf Olivers Erfahrung und Expertise. Der weiß schon, was er macht – und wenn er aus seinem Wissen mit seiner schon fast manischen handwerklichen Präzision ein neues Modell formt, dann wird das auf jeden Fall etwas Besonderes sein.
Und dann gab’s tatsächlich schon bald eine erste fertige Baron Elektrogitarre, die schon ziemlich genau das fertige Konzept repräsentierte – Trommelwirbel & Tusch:
Die genaueren Spezifikationen liefere ich in einem der nächsten Artikel nach. Für mich – und Oliver – war an diesem Modell zunächst vor allem wichtig, dass dafür gar nicht so viele Entscheidungen getroffen werden müssen. Die Gitarre ist so, wie sie ist – und abgesehen von den Pickups gibt es kaum Bereiche, in denen ich als Custom-Kunde eine Wahl zwischen verschiedenen Optionen habe. Und das ist auch gut so! Jedenfalls für mich.
Nichtsdestotrotz musste ich gleich am Anfang meiner per Handschlag besiegelten Gitarren-Bestellung eine ganz wesentliche Entscheidung treffen. Denn was ich mir aussuchen durfte/konnte/musste, war das Holz für die Decke. Und das war schwierig genug!
Ich und sein Holz.
Oliver hält eine erstaunlich große und vielfältige Auswahl an (fertig gespiegelten) Deckenhölzern in seiner Werkstatt bereit. Und das schon viel, viele Jahre – die Hölzer sind wirklich optimal abgelagert. Wir ”blätterten” also einen großen Stapel wunderschöner Hölzer durch. Mehrmals!
Dabei blieb ich wiederholt bei einer Decke hängen. Also hörte ich einfach auf mein Bauchgefühl: Diese soll es sein (siehe unten)! Hurra – der erste Schritt auf dem überhaupt nicht zufälligen, aber umso mehr schicksalhaften Weg zu meiner ”Baron” war gemacht!