101 MARLEAUX 101

Grundkurs Edelbass

Willkommen beim #timschraubtbass-Seminar ”Boutique-Bass”, Folge 101. Ein Einstiegs-Grundkurs für komplette Newbies mit unter anderem den folgenden Inhalten: Was macht man eigentlich mit so einem Wahnsinns-Instrument im Haus? Wie herum hängt man ihn korrekt an die Wand? Darf man alle fünf Saiten gleichzeitig betätigen? In welchen zertifizierten Fachwerkstätten muss während der Garantiezeit der Batterietausch durchgeführt werden? Und wird er auch im Eco-Spülprogramm überall richtig sauber?

Nein, alle diese Fragen werde ich in diesem exklusiven Online-Seminar nicht beantworten können. Mein Ziel ist, euch einen ersten Eindruck vom Alltag mit einem solchen Instrument zu geben. Über meine Erfahrungen mit meiner Baron Modell 1 hatte ich kürzlich im ersten Teil meiner ”Gitarren-Nirwana-Trilogie geschrieben. Jetzt ist mein Marleaux-Bass an der Reihe. Seine genaue Bezeichnung, for the record: ”Marleaux Consat Signature 30th Anniversary”. Wie hier bereits stolz berichtet, ist genau dieser Bass gleich der erste zweite, der Besucher*innen der Marleaux-Website begegnet. Und (immer noch!) der erste Bass im ”Consat”-Bereich.

Also, fangen wir an! Ich freue mich, dass ihr heute alle dabei seid und habe so einige spannende Themen vorbereitet. Das Seminar hat folgende inhaltliche Struk… Moment, ja, da kommt schon eine Frage aus dem Plenum? Ja? Was? Erst eine edle Boutique-Gitarre und schon ein Jahr später einen einzigartigen Boutique-Bass – ob ich im Lotto gewonnen habe?? – Moooooment, ich kann das erklären: Gewonnen ja, Lotto nein. Die ganze Geschichte ist hier nachzulesen bzw. in Videos nachzuvollziehen. Was ich bis heute übrigens regelmäßig selber mache, weil mir das alles immer noch so komplett irre erscheint.

Um mir die Wahrheit dieser schier unglaublichen Geschichte vor Augen zu führen, muss ich nur vom Schreibtisch kurz über die Kante des Rechner-Bildschirms an die gegenüberliegende Mansardenwand schauen. Da hängt mein Marleaux, aber nicht allein. Meine beiden Boutique-Schätze sind direkt nebeneinander platziert – wie sich das für echte Gitarren-Nirwana-Instrumente gehört!

Hochgeschätzte Schätzchen im Halbschatten: Baron Modell 1 & Marleaux Consat Signature 30th Anniversary

Auge hört mit.

Es gibt natürlich noch mehr und noch schöneres Bildmaterial. Was mir ermöglicht, das Seminar-Thema zunächst von außen einzukreisen – um dem Objekt unserer gemeinsamen Begierde langsam, aber sicher immer näher zu kommen.

OK, da kommt aber erst noch eine Frage aus dem Plenum: Wie man so einen wunderschön schillernden Boutique-Bass eigentlich am besten fotografiert? – Räuspern, Blätterrascheln, irritierter Blick in die Runde. – „Äh… Das ist nach meiner Kenntnis… möglichst täglich, unverzüglich.“ Here we go:

Die Optik hätten wir damit hinreichend geklärt, denke ich. 😊

Doch so ein Boutique-Bass ist ja nicht (nur) zum Anschauen da. Auch wenn er als Wandschmuck eine extrem gute Figur macht.

Okay okay, EIN Foto noch …

Edelholz vor Raufaser, Münster 2023.

🥰Wo waren wir gerade?

Ach ja. Ich wollte einen Überblick über den geplanten Seminar-Inhalt geben. Oder, Moment, noch eine weitere Frage vorab, da hinten, ja, bitte … Was? Wie breit man grinst, wenn man so einen Bass gewonnen, zugeschickt bekommen, gerade frisch ausgepackt hat und zum ersten Mal in den Händen hält? Ja, ziemlich breit. Wenn ich mich recht erinnere. Aber ist ja alles gut dokumentiert, es gibt sogar (private) Videos von der freudvollen Auspack-Zeremonie. Hier, das muss als Antwort reichen:

Soooooo breit!

Beantwortet das die Frage? Ja? Was? Noch eine Frage dazu? Ach so, das Marleaux-Gigbag? Ja, das war natürlich dabei, der Bass kam hier exzellent verpackt an, mehrere Kartons ineinander verschachtelt und der Bass sehr sicher im äußerst stabilen, wirklich hervorragenden und extrem praktischen Marken-Gigbag verstaut. So sah das aus:

Ist denn schon Weihnachten?? Jaaaaaaaa!!

Aber zurück zum eigentlichen Seminarprogramm. Wir beginnen mit … Ja? Was? Also wenn jetzt dauernd Zwischenfragen kommen, bevor wir richtig angefangen haben … Was da vorne im Gigbag zu sehen ist? Unter dem Marleaux-Branding? Ja, das ist Zubehör und Werkzeug, also Inbusschlüssel für Halsstab & Brücke (im Lederbeutel) sowie ein edles schwarzes Microfasertuch für die sachgerechte Bass-Reinigung (ohne Eco-Spülprogramm). Und tolle Schaller Security Locks, natürlich in der hochwertigen ”S-Locks”-Ausführung.

Gigbag-Candy

Was? Ja, genau, es gab natürlich noch mehr Material, das dem Bass beilag. Das Marleaux-T-Shirt zum Beispiel. Und diverse Unterlagen in einer Marleaux-Mappe (Premium-Druckqualität). Branding & Markenpflege auf Top-Niveau eben! Mit einer Marleaux-Postkarte gratulieren mir Heike & Gerald Marleaux & Team sehr freundlich zu meinem Gewinn. Eine Anleitung für die Elektronik (später mehr dazu) lag auch bei. Dazu reichlich Infos über das gesamte Marleaux-Programm. Und natürlich das offizielle Datenblatt zum Bass! Voilá:

So. Jetzt aber mal zum eigentlichen Programm zurück. Die Zeit rennt uns ja langsam weg und wir haben noch nicht einmal richtig angefangen mit dem Boutique-Bass-Seminar. Ich wollte zunächst … Ja? Was? 🙄 Der Fragenteil sollte doch eigentlich erst am Ende kommen. Ob man zum Einstieg nach all den Bildern den Bass vielleicht auch endlich mal hören kann? Ja, okay, gute Idee, ein kurzer Höreindruck könnte an dieser Stelle tatsächlich eine gute Basis für den Rest des Seminars sein …

Kling-Klang-Klingeling Bimm-Bamm-Bumm: Der Bass-Sound.

Zum Glück habe ich meinen Marleaux erst kürzlich im Studio eingesetzt, für ein Projekt meiner nach über 30 Jahren reaktivierten Recording-Connection aus meiner Heimatstadt. Hier ist er gut zu hören, inkl. kleinem Slap-Fill ab Minute 2:00:

Interessant für den Sound-Eindruck des Marleaux ist vielleicht auch noch die ”nackte” Bass-Spur. Ich habe den Bass hier in meinem Heimstudio mit Logic Pro aufgenommen, zum Einsatz kam dabei mein guter alter Peavey T.B. Raxx Röhren-Preamp. In Logic habe ich nur geringfügig Kompression und EQ hinzugefügt. Ich bin zwar kein großer Fan von ”isolated Bass-Tracks” (solange Sie nicht vom IHM, dem HERRN gespielt wurden), weil das für mich immer komisch klingt, so ganz ohne Kontext. Aber gut, in diesem Fall trägt das vielleicht zum Erkenntnisgewinn im Seminar bei.

In dieser Form habe ich die Spur an Jens gesendet:

Jens hat beim Mixen & Mastern die Spur dann natürlich auch nochmal bearbeitet. So hört sich der Bass als Teil des fertigen Songs an:

Warum ich euch das beides hier zum vergleichenden Hören anbiete? Tja – weil die Frage ”Wie klingt der Bass?” m. E. auf allgemeiner Ebene nicht befriedigend zu beantworten ist. Sondern immer nur anhand eines konkreten und speziellen Beispiels. Denn im nächsten Beispiel kann er schon wieder anders klingen – weil er anders gespielt, aufgenommen und bearbeitet wurde. Zum Beispiel hier, in diesem kleinen Video, das ich letztes Jahr als Geburtstagsgruß an Gerald Marleaux aufgenommen habe – einfach so mit dem iPhone:

Einstellungssachen.

Tja, wie klingt er nun? Antwort: Der Bass mit seiner ausgefuchsten Klangregelung (hier wird sie im Detail erklärt) klingt halt so, wie er individuell eingestellt wird. Und wie er gespielt wird. Abhängig von den aufgezogenen Saiten. Und der Saitenlage. Und überhaupt: Was ist der ”originale” Klang eines Basses? Hört man ihn, wenn man ihn umverstärkt spielt und mit dem Ohr nah ran geht? Oder wenn man ihn passiv spielt? Aber über welche Anlage? Welche Box? Und wie ist da die Klangregelung etc. eingestellt?

Ich finde es schwierig, die Frage nach dem Klang meines Marleaux befriedigend zu beantworten. Words fail me. ”Vielseitig” passt wohl. Schon im Passiv-Modus kann ich ja zum Beispiel eine Fülle von Grundsounds abrufen. Denn die Pickups sind splitbare Humbucker; sie lassen sich jeweils seriell, parallel oder als Singlecoil betreiben. Das ergibt jeweils drei unterschiedliche Grundsounds, wenn man nur mit einem der beiden PUs spielt. Das macht also schon mal sechs. Wenn man beide PUs aktiviert (Mittelstellung Balance-Regler), kann man auf diese Weise 3 x 3 verschiedene Grundsounds abrufen. Also neun. Plus die sechs mit nur einem PU macht 15. Dann kann man mit dem Balance-Regler natürlich noch sehr fein (wie mit allen der absolut hochwertigen Potis/Regler des Basses) das Mischungsverhältnis der PUs austarieren. Und dabei ist der ”Programmable” aktive Klangregelung noch nicht mal im Spiel!

Kurz gesagt: Der Bass bietet eine unüberschaubare Fülle an Sounds für so ziemlich alle musikalischen Gelegenheiten und Einsatzzwecke, die vorstellbar sind – von feinsinnig schnurrend und sensibel lispelnd bis kraftstrotzend knurrig und muskulös krachend. Bei einem Instrument dieser Güteklasse hört man dabei natürlich immer einen gewissen Grundcharakter heraus. Und der ist … edel? Sämig-sahnig-schnalzend? Kraftvoll, dynamisch, facettenreich? Darüber hinaus ist der Bass – wie jedes Marleaux-Instrument – ein absolutes Einzelstück, was die eingesetzten Hölzer und ihre aufeinander abgestimmte Kombination angeht. Und das ist eben genau das, was gemeint ist, wenn von einem ”Boutique-Instrument” die Rede ist.

Was mich endlich zurück zu meinem #timschraubtbass-Seminar ”Boutique-Bass” bringt – mit dem wir jetzt mal schleunigst anfangen sollten!

Seminar-Themenblock 1: Das …

… was? Wie bitte? Unsere Zeit ist schon fast um?? 😳

Das musste ja passieren. Na toll. Und jetzt?

Was? Ob wir dann einfach noch kurz zum Fragenteil übergeben können?

Sehr witzig. 🤨

Aber na gut. 🙄 Was wollt ihr noch wissen?

Welche zwei Dinge mir an dem Bass besonders gut gefallen – abgesehen vom tollen Holz, den wunderschönen Abalone-Intarsien, dem fantastischen Sound und der unvergleichlich guten Ergonomie & Bespielbarkeit?

Das ist einfach. 1. Form & Design.

Zur Erinnerung:

Hallo, Marleaux!

Meine Meinung: Marleaux gehört zu den wenigen Boutique-Bass-Herstellern, die konsequent auf eigenständige Designs setzen (und das immer wieder neu) und sich nicht (wie viele andere) an den kalifornischen Klassikern abarbeiten. Klar, Preci und vor allem Jazz Bass haben im Bass-Bau bis heute gültige Design-Maßstäbe gesetzt. Das Fender-Erbe sieht man auch hier. Doch ich empfinde das Consat-Design als eine sehr eigenständige Weiterentwicklung – die Form spricht mich an. Sie hat in meinen Augen eine besondere Dynamik, vor allem durch die Gestaltung der Hörner: Sie recken sich schwungvoll und selbstbewusst in die Höhe. Das gibt dem Bass für mich eine gewisse ”Haltung” und elegante Aura, die andere Boutique-Bässe nicht haben. Aber das ist natürlich mein ganz persönliches Empfinden. Doch es gibt ein sicheres Zeichen dafür, dass ein Bass-Design einen besonderen Nerv getroffen hat: Es wird kopiert. Und genau das ist dem Consat-Design schon in den 90ern widerfahren. 😉

Und dann noch: 2. Gewisse Details.

Zum Beispiel:

Nach meiner bisherigen Erfahrung benötigt mein Marleaux bei meiner Spielfrequenz ca. 1 x im Jahr eine neue Batterie (9V-Block). Normal bzw. gut, da gibt es durchaus ”hungrigere” Elektroniken. Als ich zum ersten Mal bemerkte, dass wohl ein Wechsel ansteht, schraubte ich auch zum ersten Mal die rückseitige Abdeckung für das Batteriefach auf. Und, siehe da: Die Schrauben haben tatsächlich Gewindehülsen aus Metall, die im Holz versenkt sind! Damit da auch ja nix ausleiern kann über die Jahre, wie das bei Schrauben, die direkt im Holz sitzen, durchaus passieren kann. Doch wir reden hier von einer Stelle, an die man maximal ein paar Mal im Jahr ran muss. Ich besitze ja so einige andere Bässe und einige davon schon ziemlich lang. Da sitzen die Schrauben der rückseitigen Abdeckungen direkt im Holz. Und da ist auch nach Jahrzehnten kaum was ausgeleiert, weil ich da halt nur sehr selten rangehen musste. Aber beim Marleaux KANN hier eben auch gar nix ausleiern! Auch nach ewigen Jahren des Auf- und Zuschraubens. Das gibt mir so ein Gefühl von … maximaler Sorgfalt? Unbegrenzter Zukunft? Im Sinne von ”You never actually own a Marleaux Bass. You merely take care of it for the next generation.”

So. War’s das? Wir haben ja schon gewaltig überzogen, merke ich gerade.

Was? Zum Abschluss noch ein Foto des Basses in seinem natürlichen Habitat? Ja klar, gerne!

Live aus dem Proberaum meiner Band DIE BERATERhave a listen! 😉

OK – das war’s!

Vielen Dank für eure Teilnahme am #timschraubtbass-Seminar ”Boutique-Bass”. Ich hoffe, ihr konntet etwas mitnehmen und hattet Spaß. Beim nächsten Mal halte ich mich aber strikt ans eigentliche Skript, versprochen!

Mein abschließendes Fazit & mein Rat an euch alle: Lasst euch selbst mal auf die Boutique-Erfahrung ein, ob mit einer Gitarre oder einem Bass! Es lohnt sich! Doch wenn das aus irgendwelchen Gründen (kein Glück im Spiel? 😉) nicht möglich ist, gibt’s noch einen anderen Weg ins individuelle instrumentale Glück. Davon berichte ich euch demnächst im dritten Teil meiner ”Gitarren-Nirwana”-Trilogie. Stay tuned!

100 LOB UND ADEL

Meine BARON MODELL 1:
Holz as Holz can.

Es gibt viele Fragen, die mir leider nie jemand stellt. Zum Beispiel diese: ”Sag mal, Tim – wie ist eigentlich das Leben mit gleich zwei einzigartigen Boutique-Instrumenten?” Aber zum Glück habe ich #timschraubtbass. Und wann sonst als zur Feier der jetzt erreichten Dreistelligkeit meiner Artikel (bin ja alles andere als ein Power-Blogger) wäre ein besserer Zeitpunkt für eine ausführliche, reich illustrierte Antwort?

In diesem und in den (irgendwann) folgenden Artikeln schreibe ich also über das ”Gitarren-Nirwana”, das ich laut Experte Oliver Baron mittlerweile erreicht habe. Es geht los mit meiner wunderschönen ”Baron Modell 1”, die ich mir anlässlich meines runden Geburtstags 2020 von Oliver habe bauen lassen – was hier von Anfang an ausführlich und in mehreren weiteren Teilen (eins, zwei, drei) nachzulesen ist.

Um es gleich vorweg zu sagen: Ich bin sehr, sehr glücklich mit dieser Gitarre. Immer noch und sogar immer mehr mit der Zeit. Ich habe sie jetzt ja schon bald drei Jahre.

Aber davon erzähle ich natürlich auch gerne etwas genauer. 😉 Here we go: One, Two, Three, Four …

1. OPTIK

Muss ich dazu noch viel schreiben … ?

Was mich bis heute fasziniert: Sie sieht je nach Licht immer wieder anders aus. Auch im Proberaum! Schönen Gruß von Mr. Warhol:

2. SOUND

Da ich mein Recording-Setup (bzw. mein komplettes Heimstudio) immer noch umbaue & neu konfiguriere, habe ich bisher leider keine eigenen aussagekräftigen Aufnahmen anzubieten. Zum Glück gibt es dafür seit ein paar Wochen einen brauchbaren Workaround. 😉

Der gute Gregor Hilden hat kürzlich für Oliver exzellente Aufnahmen mit einer Baron Modell 1 produziert. Leider nicht mit meiner. Die ja aber auch ein Vorserienmodell ist – wovon noch zu reden sein wird. Nichtsdestotrotz erkenne ich ”meinen” Baron-Sound in den Aufnahmen gut wieder. Es hilft natürlich, dass Herr Hilden schon tausende (!) solcher Videos produziert hat und genau weiß, wie man einen Gitarrensound perfekt einfängt. Abgesehen davon ist er ein herausragender Gitarrist. Warum sollte ich mir also die Mühe machen, selbst was aufzunehmen? Wobei: Ich reiche selbstverständlich Aufnahmen meiner Baron nach, sobald ich da was vorzuweisen habe. In the meantime:

Oder auch hier alle auf Olivers Medien-Seite.

Übrigens sind diese Videos auch in Gregor Hildens eigenem YouTube-Channel veröffentlicht worden – mit (dem Instrument angemessen) enormer Resonanz, wie man hier, hier und hier nachschauen kann.

3. SOUND

Wie jetzt? Hatten wir doch gerade schon, oder?

Ja, stimmt einerseits. Aber eben nur allgemein mit einer und nicht meiner Baron Modell 1 (Seriennummer 7). Und andererseits: Man kann gar nicht genug über den Sound dieser Gitarre reden. Beziehungsweise schreiben – und das ist hier schließlich ein Textblog. Zumindest überwiegend.

Und doch fällt es mir schwer, den Sound der Gitarre zu beschreiben. Vielleicht, weil es nach fast drei Jahren mit ihr einfach mein Sound ist?

Ich probiere mal, quasi von der anderen Seite reinzukommen. Denn immer, wenn ich meine anderen E-Gitarren gespielt habe (was immer seltener wird) und zurück zur Baron wechsele, merke/spüre/höre ich den Unterschied sofort. Ich besitze zum Beispiel eine gute Strat-Kopie (von Charvel/Jackson) und eine gute Fender USA-Tele. Als ich vor ein paar Monaten mal auf beiden die Saiten gewechselt und jeweils das Setup geprüft habe, hatte ich sie wieder etwas länger in der Hand. Ich besitze und spiele beide Instrumente schon ewig (20. Jahrhundert 😁) und sie gefallen mir immer noch gut. Sie machen genau das, was sie als Fender Tele und als Strat-Kopie machen sollen, und das auf einem guten bis sehr guten Niveau.

Nach einer Weile in der Tele- und Strat-Welt schnallte ich wieder die Baron um, spielte einen Akkord und dachte im Vergleich spontan: Wow, yes, genau so muss ein Halspickup klingen! Resonant, voll, luftig-schwingend und mit viel, viel Holz. In der gleichen Sekunde fiel mein Blick aufs Bedienfeld: Es war der Stegpickup. 😉

Es ist tatsächlich so, dass sich die Baron in ihrer ganz eigenen Sound-Welt bewegt. Deshalb führen Vergleiche eher in die Irre. Ja, sie kann (vor allem mit dem Steg-PU) knackig, perkussiv und strahlend drahtig klingen. Aber klingt sie dann genau wie eine Tele? Nein.

Ja, sie kann silbrig kehlig schmatzen, wenn beide PUs im Spiel sind. Aber auch das klingt weder genau wie eine Tele mit beiden PUs noch wie eine Strat in den klassischen Knopfler-PU-Mittelstellungen.

Und der Hals-PU allein? Sagen wir mal so: Wenn ich da sowohl Volume als auch Ton nur ein bisschen runterrolle, gibt das einen Fingerpicking-Ton (und ein entsprechendes Spielgefühl), als hätte ich eine akustische Gitarre in der Hand. So etwas geht mit (herkömmlichen) Teles und Strats schlichtweg nicht.

Von der Wand in die Hand. Möglichst täglich.

Klar, meine Referenzgröße ist eher die Fender-Welt. Mit Gibson-Instrumenten bin ich nie richtig warm geworden. Doch ich bin mir absolut sicher, dass die Baron für Gibson-Fans einen ähnlichen Effekt hat: Man erkennt Anklänge an klassische E-Gitarren-Modelle und deren Sounds, aber im Vordergrund ist stets klar und deutlich die eigene Stimme des Instruments vernehmbar. Und das ist wirklich etwas Einzigartiges, was meines Erachtens bei Instrumenten ”von der Stange” (oder was ist das Gegenteil von Boutique?) eher selten ist.

Begriffe wie Charakter, Persönlichkeit, Lebendigkeit und Individualität sind hier tatsächlich vollkommen angemessen. Das erkannte ich vor allem in den vielen kleinen Momente, in denen man mit einem Instrument mehr und mehr zusammenwächst: Wenn man merkt, dass man über die Bedienung von Schaltern und Reglern nicht mehr bewusst nachdenkt. Wenn man einen Sound erst im Kopf hört und gleich darauf von der Gitarre. Wenn man irgendetwas spielt und plötzlich selbst erstaunt darüber ist, auf einmal ganz neue Töne vom Instrument zu hören.

Dieses Wechselspiel zwischen Instrumentalist und Instrument ist tatsächlich höchst inspirierend – und ich habe es bisher nie auf diesem Niveau erleben dürfen. In der Klassik ist sowas eher üblich, Star-Virtuose Nigel Kennedy spricht auch immer sehr liebevoll von seiner ”Strad”(ivari). Klar, er könnte auch auf anderen (Meister-)Violinen brillieren. Und das Publikum würde wahrscheinlich kaum einen Unterschied hören. Aber Kennedy würde es hören. Und fühlen. Und genau das macht den Unterschied: Denn es geht ja nicht um Perfektion. Sondern um Charakter, Lebendigkeit und Persönlichkeit – die durchaus auch ”Fehler” oder zumindest gewisse ”Eigenheiten” einschließen können. Aber die in ihrer Summe den individuellen Charme eines Instruments konstituieren und es unverwechselbar machen.

An manchen Tagen ärgert man sich beim Spielen sogar regelrecht übereinander. Außerdem sieht meine Baron nicht nur in jedem Licht wieder anders aus – sie klingt auch dauernd etwas anders als noch einen Tag vorher. Das kann man auf Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck oder was auch immer schieben. Oder einfach sagen: Sie fühlt sich heute eben einfach anders (an) als gestern. Ist bei uns Menschen ja auch so. Immer exakt gleich wäre eher ungewöhnlich. Oder gar verdächtig …

4. Ausstattung & Handling

Bevor’s hier noch esoterischer wird, gehe ich lieber kurz auf ganz konkrete Details und Ausstattungsmerkmale meiner Baron Modell 1 mit der Seriennummer 7 ein. Wie erwähnt ist sie aus der Vorserie und hat noch nicht alle Features des heutigen Serienmodells. Das sich allerdings auch evolutionär weiterentwickelt – zum Beispiel ist Oliver kürzlich auf ein (sehr edles) Öl-Wachs-Finish für das Holz umgestiegen.

Die Pickups: Ich habe P90er und noch nicht die von Oliver selbst gefertigten Charlie-Christian-PUs der aktuellen Modelle. Über dieses und sämtliche anderen Details steht übrigens auf www.barongitarren.de viel zu lesen. Am Anfang waren noch Humbucker in einer Baron, über den PU-Tausch nach rund einem halben Jahr hatte ich bereits ausführlich berichtet. Für mich klingen die P90er fantastisch, ich würde nicht tauschen wollen. Ich bin zwar auch von Olivers eigenen PUs absolut überzeugt, aber ich finden meine einfach optisch ansprechender. Geschmacksache, klar. Aber Auge hört eben mit.

Die Ebenholz-PU-Cover sind aus dem gleichen Stamm wie das Furnier der Kopfplatte. Wahnsinn.

Elektrik und Bedienfeld: An die eher ungewöhnliche Positionierung von Schalter und Reglern habe ich mich sehr (!) schnell gewöhnt. Meine rechte Hand fand schon nach ein paar Tagen automatisch und ohne Nachdenken den Weg. Was für mich heißt, dass die Position ergonomisch klug gewählt ist – mal abgesehen davon, dass ich das Bedienfeld auch ästhetisch sehr gelungen finde.

Einfach schön & schön einfach.

Wie man sieht, habe ich nicht den Charakter-Drehschalter, über den vier Grundsounds ”von warm und mittig (1) bis offen und brillant (4)” abgerufen werden können. Denn dessen Entwicklung war erst nach meinem Kauf abgeschlossen. Oliver hatte mir angeboten, ihn nachträglich in meine Baron einzubauen. Ich habe ihn dann (an einem anderen Serienmodell) ausprobiert und finde ihn genial. Allerdings war ich zu diesem Zeitpunkt schon so an meine Baron und ihr Handling gewöhnt, dass ich sie nicht mehr groß verändern wollte. Außerdem ist der Drehschalter natürlich exakt auf die Baron-PUs abgestimmt – der Effekt mit meinen Amber-P90ern wäre etwas anders gewesen.

So oder so: Ich komme mit meinem Tone-Regler hervorragend klar und setze ihn auch oft ein. Zum Beispiel, um den Steg-PU etwas zu besänftigen und einen sehr druckvollen Rhythmus-Sound zu bekommen. Oder dem Hals-PU noch mehr akustische Wärme (Holz!) zu verleihen. Funktioniert super! Dazu tragen auch der saubere Lauf der Regler und die haptische Qualität der Ebenholz-Potiknöpfe bei. Die fasst man einfach gerne an. Genau wie den Schalter, der satt und sicher einrastet und auch ”blind” betätigt den Fingern klar vermittelt, in welche Position er steht. Allerdings kommt hier tatsächlich ein kleiner Kritikpunkt ins Spiel – so ziemlich der einzige, den ich habe. Er ist zum Glück eher nebensächlich und hat viel mit den tollen akustischen Eigenschaften der Baron und ihrer Konstruktion zu tun. Denn da der Schalter auf der schwingenden Decke sitzt, ist das Schaltgeräusch nicht gerade leise. 😉

Ach, und das Schlagbrett der aktuellen Modelle habe ich auch nicht – und wollte es auch nicht haben. Denn dafür ist die Decke meiner Baron einfach zu schön. Je mehr davon zu sehen ist, umso besser!

Der Hals: Lässt sich super spielen, hervorragendes Griffgefühl. Ich habe übrigens die 625er-Mensur und die gefällt mir gut. Aber ich war beim Ausprobieren der 600er-Modelle überrascht, wie wenig Unterschied die deutlich kürzere Mensur für Spielgefühl und Sound macht. Was wiederum für die Qualität der Hölzer und der gesamten Konstruktion der Baron Modell 1 spricht.

Die Ergonomie: Tatsächlich ist die Abrundung der oberen Korpuskante ein wichtiges Detail, das erheblich zum Spielkomfort beiträgt. Hätte ich erst gar nicht gedacht. Beim Spielen spürt man aber sofort, wie angenehm das ist. Und auch dieses Detail trägt zur überaus gelungenen Gesamt-Ästhetik des Instruments bei, finde ich.

Hoher Konstruktionsaufwand > hoher Spielkomfort.

Die gesamten Specs meiner Baron sind hier nochmal nachzulesen:

Wirklich 2,8 kg? Fühlt sich deutlich leichter an.

5. AMPLIFICATION

Ich hätte auch nochmal SOUND schreiben können. 😁

Die Baron Modell 1 hat zwar schon konstruktionsbedingt beträchtliche akustische Qualitäten, ist aber eine E-Gitarre. Braucht also Verstärkung.

Anfangs spielte ich sie über meinen Budget-Röhrenamp der Marke Rocktone. Der ist gar nicht sooo schlecht. Aber kein adäquater Sparringspartner für ein edles Boutique-Instrument. Also sah und hörte ich mich um und landete bei Supro.

Über mein (aktuelles) Board schreibe ich dann später mal was. 😉

Der Delta King 12 war genau das, was mir vorschwebte: integrierter Hall, Boost- und Drive-Möglichkeit, fertig. Also ein Class-A-Röhren-Amp, in den man die Gitarre einstöpselt und nichts Weiteres braucht. Und preislich in einer Region, die ich mir ein halbes Jahr nach dem Gitarrenkauf erlauben konnte. Wollte. Durfte. 😉

Schönes Paar! ❤️

Der Amp hat vor allem einen Master-Regler, lässt sich also super auf Zimmerlautstärke drosseln. Und macht dabei auch noch viel Spaß.

Wenn’s mal noch leiser sein muss, habe ich inzwischen auch eine Lösung:

Mein Freund Harley.

Das kleine Ding macht überraschend viel Spaß – mehr, als ich dachte. Sehr schöne Clean-Sounds. Damit ist man mit den Ohren ganz nah am Holz.

Apropos Gehör: So richtig laut habe ich meine Baron übrigens tatsächlich erst einmal gespielt. Im neuen Proberaum meiner Band, über den alten Rocktone. Schön laut – aber ich habe die besonderen Qualitäten der Gitarre auch in Band-Lautstärke gut wiedererkannt.

In meinem neu konfigurierten Heimstudio arbeite ich derzeit noch an einer Lösung dafür, den Baron-Sound optimal in den Rechner zu bekommen. Wenn ich zufrieden bin, reiche ich Aufnahmen an dieser Stelle nach!

6. FAZIT

Es ist ein fantastisches Instrument. Mir gefällt besonders die absolute Individualität meiner Baron Modell 1 mit der Seriennummer 7: Es gibt auf der ganzen Welt nur diese eine.

Schlicht, klar, edel. Schön.

Zu ihrer Einzigartigkeit trägt optisch und klanglich natürlich die tolle Ahorn-Decke (”mit Kern”, wie im Zertifikat steht) wesentlich bei. Aber es sind vor allem das Gesamtkonzept, die Konstruktion, die Auswahl der Hölzer und die unnachahmlich sorgfältige und liebevolle Verarbeitung, die meine Baron zu einem so außergewöhnlichen Instrument machen. Ich liebe auch gewisse winzige Details, die mir zeigen, dass sie eine zu 100 % handgefertigte Gitarre ist. Dezente Aging-Spuren gibt es auch schon. Aber die sehe wahrscheinlich nur ich … 😉

Es war eine gute Entscheidung, diese Gitarre zu kaufen. Ich kann’s nur empfehlen, sich so ein Instrument zu gönnen (wenn möglich). Seit ich sie habe, interessieren mich andere Gitarren tatsächlich deutlich (!) weniger. Sie ist also ”The One” geworden – und genau dieses Instrument für seine Kunden anzufertigen, hat Oliver tatsächlich mal als Anspruch und Antrieb seiner Arbeit als Gitarrenbauer formuliert. Mission accomplished!

Das war der erste Teil meiner ”Gitarren-Nirwana”-Trilogie. Der nächste folgt möglichst bald – stay tuned!

Hach!😊

99 TAUSEND PLÄNE

”The past is never dead. It’s not even past.”

Das Zitat ist berühmt. Aber so richtig verstanden habe ich es erst in den letzten Monaten. Denn da ist meine Vergangenheit plötzlich wieder höchst lebendig in mein Leben getreten – was mir bis heute große Freude macht. Das alles hat natürlich mit Musik zu tun. Und, ähnlich wie in den zuletzt hier berichteten Geschichten, mit der rätselhaften Macht des Internets, Zeit und Raum zu überbrücken.

Drehen wir das Rad also ein paar Jahrzehnte (!) zurück und fangen an: Es war einmal in Wilhelmshaven. Zu meiner musikalischen und instrumentalen Sozialisation dort habe ich kürzlich (jedenfalls in den zeitlichen Dimensionen dieses Blogs) bereits ein bisschen was geschrieben. Tatsächlich könnte ich Bücher füllen mit dem, was damals so los war in der ”Jadestadt” (die nichts, aber auch wirklich nichts mit einem Schmuckstein gemein hat) im Norden. Wo die Autobahn endet und die Nordsee anfängt, wie ich früher zu sagen pflegte. Aber nicht nur die. Es gab damals noch viel mehr, was anfing.

Ende der 1980er war ich bereits vielfältig musikalisch aktiv. Nach den Anfängen in der lokalen Ten-Sing-Gruppe hatte ich mit Andi und Knut meine erste eigene Band gegründet, Room Six. Ich fing an, eigene Songs zu schreiben. Außerdem nahm ich klassischen Kontrabass-Unterricht. Und wurde von meinem coolen, aber resoluten Lehrer beängstigend frühzeitig genötigt, beim ”Streichorchester der Gymnasien” vorstellig zu werden. Dessen einziger (und leicht überforderter) Kontrabassist ich dann für rund zwei Jahre war. Was tatsächlich nochmal reichlich Stoff für eine eigene Geschichte wäre.

Ziemlich viele Anfänge schon bis hierhin, oder?

Bewegte Zeiten

So 1989/90, relativ kurz vor dem Abitur, lernte ich über eine gemeinsame Bekannte (auch eine lange Geschichte) zwei Musiker kennen. Gleicher Jahrgang, andere Schule. Marc spielte Gitarre, und das beeindruckend gut. Jens spielte Keyboards, dito. Das erste Treffen habe ich zwar so in Erinnerung, dass man es heute wohl als ”awkward” labeln würde. Aber da kurze Zeit später das Telefon klingelte (Yep, Kinder das Telefon, und es klingelte analog, und sonst hatten wir ja auch nichts) und ich (mit meinem Bass) von den beiden zu einer Session eingeladen wurde, hatte es wohl doch irgendwie Klick gemacht zwischen uns.

Es war für mich das erste Mal, dass ich ”richtige” Musiker kennen lernte. Heute würde man ”Musik-Nerds” sagen. Also Menschen, die sich intensiv mit Musik, Musiktheorie, ihrem Instrument, instrumentaler ”Virtuosität” (diese alte, falsche Schlange) und Musiktechnik allgemein beschäftigten – so wie ich.

Andi und Knut (und später Sven) von meiner Band waren zwar keinesfalls weniger ”richtige” Musiker. Aber auf ganz andere Art: Wir verstanden uns musikalisch vor allem auf Song-Ebene hervorragend. Da galten alle gängigen Metaphern wie ”an einem Strang ziehen”, ”blind vertrauen” oder ”mehr als die Summe der Teile”. Ich spielte ihnen einen Song von mir vor – und sie wussten sofort, was ich meinte. Ich habe über die Jahre gelernt, dass so etwas nicht nur selten, sondern absolut außergewöhnlich ist (zu meiner großen Freude darf ich mit meiner jetzigen Band etwas Ähnliches erleben). Und wir waren damit auch jahrelang auf lokaler Ebene ziemlich erfolgreich.

Doch mit Jens und Marc waren Sachen drin, die mich musikalisch und instrumental ganz anders forderten. Jazz-Rock, Al Di Meola, Hendrix. Wir machten ein paar Aufnahmen, denn Jens hatte einen Vierspurrekorder (heiß begehrtes, teures Equipment damals), wobei sich die beiden auch noch als ziemlich fähige Schlagzeuger erwiesen (im Gegensatz zu mir). Ich erinnere mich an ein runtergekommenes, leerstehendes Gebäude in irgendeinem Gewerbegebiet. An einen Raum mit Eierkartons an den Wänden. Feuchte Luft, leichter Schimmelgeruch. Ein paar andere befreundete Musiker waren manchmal auch noch dabei, aber ich erinnere mich nicht mehr an alle.

Irgendwann klingelte dann schon wieder das Telefon. Bewegte Zeiten! Ein gewisser Holger wollte wissen, ob ich Lust habe, bei dem Bandprojekt mitzumachen, das er gerade auf die Beine stellte. Und Marc und Jens hätten mich als Bassisten empfohlen. Und die beiden seien auch dabei. Nur ein Schlagzeuger fehlte noch.

Room Six hatte gerade Pause – ich glaube, wir suchten gerade einen neuen Proberaum. Also brachte ich Knut ins Spiel. Andi war nicht amused, verständlicherweise.

Aber es sollte ja nur ein Projekt auf Zeit sein. Was es dann auch war. Wenn ich ich richtig erinnere, waren es die kompletten Osterferien 1990, die wir in in einem Gemeindehaus in Wilhelmshaven verbrachten, um Holgers Songs einzuüben.

”Praying for the Past”

Holger war großer Springsteen-Fan, das merkte man seinen eigenen Songs an, und den Cover-Songs in unserem Programm auch. Ich habe, wie ich letztens zufällig feststellte, die Mappe von damals noch im Schrank:

Ich denke, wir dürfen ruhig ein bisschen genauer hinschauen – ist ja lang genug her … 😉

v.l.n.r.: Knut, yours truly, Marc, Holger, Jens

Wir hatten tatsächlich einen gemeinsamen Auftritt – im Country Club in Wilhelmshaven. Auch eine eigene, geradezu unglaubliche Geschichte (”Bullenscheiße!”), aber man muss dabei gewesen sein. Beim zweiten Auftritt in der Ruscherei war Knut dann schon nicht mehr dabei, wenn ich mich recht erinnere. Room Six waren inzwischen wieder sehr aktiv geworden. Und dann machten wir alle Abi und Holgers Band war mehr oder weniger Geschichte. Aber eine ganz gute, finde ich immer noch.

Der Austausch mit Marc und Jens ging weiter, auf vielen Ebenen. Marc war einmal Session-Gast bei einer Probe von Room Six, davon gibt es sogar einen Mitschnitt. Ich ging mit ihm zu einem Konzert eines meiner Lieblingsgitarristen, Peter Finger, was Marc dazu inspirierte, ein Stück von ihm in seiner Abi-Prüfung vorzutragen. Jens engagierte mich am Bass für den Vortrag eines Jazz-Standards (”Don’t get around much anymore”) in der Ruscherei (auch eine Prüfung, wenn ich mich richtig erinnere) – und wir waren eine Zeit lang generell viel in Kontakt.

Später spielte Marc in ein paar Bands in Wilhelmshaven, mit Jens tauschte ich Tapes aus, ab und zu trafen wir uns irgendwo, zufällig oder geplant. Wilhelmshaven war damals zwar noch größer, aber immer noch übersichtlich. Dann war ich erst Zivi in Delmenhorst und später Studi in Münster, aber wegen der vielfältigen Aktivitäten von Room Six noch jahrelang (bis ca. 1995) am Wochenende regelmäßig in meiner Heimatstadt. Man lief sich manchmal noch über den Weg, meistens im legendären Palazzo. Irgendwann in diesen Jahren riss der Faden dann ab.

Zoom Forward. 30 Jahre.

Als ich letzten Herbst damit anfing, mein Heimstudio-Setup komplett umzubauen, fiel mir bei den Auf- und Umräumarbeiten ein Karton mit alten Kassetten in die Hände. Die hier war auch dabei:

”Das ist ja meine Handschrift”, kommentiere Jens, als ich ihn mit dem Tape konfrontierte.

Auf Seite A sind einige Aufnahmen, die ich damals mit Jens und Marc gemacht hatte. Jens hatte mir die Kassette zusammengestellt. Seite B hatte ich für Demos von Songs für Room Six genutzt. Speicherplatz war damals schon wertvoll.

Solche Zufallsfunde können bekanntlich zu schicksalhaften Wendungen führen und immens glücklich machen. Auch in diesem Fall.

Vom Gedanken ”Was macht Jens jetzt wohl so?” war es nicht weit zum nächsten Google-Fenster. Und, wer hätte das gedacht, Jens hat einen Account bei SoundCloud. In diesem fand ich einen Song für einen gewissen Holger. Den Jens erst ein Jahr zuvor zusammen mit Marc aufgenommen hatte.

Bingo! 

Nach den ersten Nachrichten über SoundCloud folgten E-Mails. Jens (inzwischen in Hannover wohnhaft) und ich tauschten uns darüber aus, was die vergangenen 30 (!!) Jahre so passiert war. Dann gab’s eine Chat-Gruppe, gemeinsam mit Marc (wieder in Wilhelmshaven) und Holger (irgendwo in Ostfriesland).

Und, oh Wunder, Jens & Marc waren musikalisch auch noch aktiv, überaus sogar, und verfügen über Heimstudios (in Marcs Fall wohl schon eher ein Studioheim), also alles ähnlich wie ich. Jens schlug vor, doch mal wieder was gemeinsam zu machen. Zum Glück war ich ja gerade im Umstieg von meinem alten, eher proprietären Studio-Setup hinzu Logic Pro. Dem Austausch von Files, Tracks & Songs stand also nichts im Wege.

Wir legten einfach mal los. Als hätten wir uns erst kürzlich zuletzt gesehen.

Tausend Pläne

Jens suchte sich einen Song aus meinen Demos aus, die ich in der Corona-Zeit produziert hatte, eigentlich als Demos für meine Band. Das war sogar der erste Song, den ich am Rechner (mit GarageBand) produziert hatte, noch mit eher schlechten Interfaces – um zu testen, wie ich mit diesem Produktionsweg klar komme. Der Song heißt ”Tausend Pläne”. Wer auf Vorher/Nachher-Effekte steht, kann sich hier das ursprüngliche Demo anhören.

Jens nahm sich die Tracks vor, programmierte neue Drums, spielte Keyboards (Orgel) & A-Gitarren ein, ich spielte den Bass neu ein und nahm die Vocals neu auf, Jens‘ Tochter Swenja fügte sehr stimmigen Background-Gesang hinzu – und am Ende veredelte Marc alles mit einer wahrhaft marcigen Sologitarre.

Ich war baff. Und äußerst entzückt. Wofür ich euch natürlich auch die Chance geben möchte:

Zauberhaft, oder? Wir haben uns dafür nicht ein einziges Mal getroffen, noch nicht mal telefoniert – wir haben einfach in unseren Studios in Hannover, Münster und Wilhelmshaven die Tracks aufgenommen und hin- und hergeschickt. Jens übernahm am Ende Mixing & Mastering. Meisterhaft.

Spell

Apropos zauberhaft: Jens schickte dann auch ein paar seiner Demos an mich, darunter eine Song-Idee namens ”Spell”. It caught my ear. Ich entwickelte in Absprache mit Jens einen deutschen Text, basierend auf seiner Grundidee, spielte den Bass ein und nahm den Gesang auf. Marc übernahm die Gitarrenparts und am Ende wurde alles von Jens wieder schön rund gemischt. Enjoy:

Die beiden Songs sind übrigens auch eine sehr gute Gelegenheit, meinen Schraub-Preci in Action zu erleben. In einem Fall ein bisschen angezerrt, im anderen schön tief und ausgewogen. Finde ich.

”The future is never dead. It’s very present!”

Das Ende der Geschichte: Es gibt kein Ende. Es gibt lauter neue Anfänge – wenn man es zulässt. Und sich ein bisschen Mühe gibt.

Ich freue mich jedenfalls sehr darüber, dass eine vor langer Zeit begonnen und beendet geglaubte Geschichte jetzt einfach so weitergegangen ist. Hatte ich am Anfang des Artikels geschrieben, das Internet könne Zeit und Raum überbrücken? Vielleicht stimmt das gar nicht. Wahrscheinlich haben wir es hier mit einer viel größeren (und älteren Macht) zu tun, die das vermag: mit der Musik.

Bald gibt’s neue Berichte & Geschichten an dieser Stelle – stay tuned!