100 LOB UND ADEL

Meine BARON MODELL 1:
Holz as Holz can.

Es gibt viele Fragen, die mir leider nie jemand stellt. Zum Beispiel diese: ”Sag mal, Tim – wie ist eigentlich das Leben mit gleich zwei einzigartigen Boutique-Instrumenten?” Aber zum Glück habe ich #timschraubtbass. Und wann sonst als zur Feier der jetzt erreichten Dreistelligkeit meiner Artikel (bin ja alles andere als ein Power-Blogger) wäre ein besserer Zeitpunkt für eine ausführliche, reich illustrierte Antwort?

In diesem und in den (irgendwann) folgenden Artikeln schreibe ich also über das ”Gitarren-Nirwana”, das ich laut Experte Oliver Baron mittlerweile erreicht habe. Es geht los mit meiner wunderschönen ”Baron Modell 1”, die ich mir anlässlich meines runden Geburtstags 2020 von Oliver habe bauen lassen – was hier von Anfang an ausführlich und in mehreren weiteren Teilen (eins, zwei, drei) nachzulesen ist.

Um es gleich vorweg zu sagen: Ich bin sehr, sehr glücklich mit dieser Gitarre. Immer noch und sogar immer mehr mit der Zeit. Ich habe sie jetzt ja schon bald drei Jahre.

Aber davon erzähle ich natürlich auch gerne etwas genauer. 😉 Here we go: One, Two, Three, Four …

1. OPTIK

Muss ich dazu noch viel schreiben … ?

Was mich bis heute fasziniert: Sie sieht je nach Licht immer wieder anders aus. Auch im Proberaum! Schönen Gruß von Mr. Warhol:

2. SOUND

Da ich mein Recording-Setup (bzw. mein komplettes Heimstudio) immer noch umbaue & neu konfiguriere, habe ich bisher leider keine eigenen aussagekräftigen Aufnahmen anzubieten. Zum Glück gibt es dafür seit ein paar Wochen einen brauchbaren Workaround. 😉

Der gute Gregor Hilden hat kürzlich für Oliver exzellente Aufnahmen mit einer Baron Modell 1 produziert. Leider nicht mit meiner. Die ja aber auch ein Vorserienmodell ist – wovon noch zu reden sein wird. Nichtsdestotrotz erkenne ich ”meinen” Baron-Sound in den Aufnahmen gut wieder. Es hilft natürlich, dass Herr Hilden schon tausende (!) solcher Videos produziert hat und genau weiß, wie man einen Gitarrensound perfekt einfängt. Abgesehen davon ist er ein herausragender Gitarrist. Warum sollte ich mir also die Mühe machen, selbst was aufzunehmen? Wobei: Ich reiche selbstverständlich Aufnahmen meiner Baron nach, sobald ich da was vorzuweisen habe. In the meantime:

Oder auch hier alle auf Olivers Medien-Seite.

Übrigens sind diese Videos auch in Gregor Hildens eigenem YouTube-Channel veröffentlicht worden – mit (dem Instrument angemessen) enormer Resonanz, wie man hier, hier und hier nachschauen kann.

3. SOUND

Wie jetzt? Hatten wir doch gerade schon, oder?

Ja, stimmt einerseits. Aber eben nur allgemein mit einer und nicht meiner Baron Modell 1 (Seriennummer 7). Und andererseits: Man kann gar nicht genug über den Sound dieser Gitarre reden. Beziehungsweise schreiben – und das ist hier schließlich ein Textblog. Zumindest überwiegend.

Und doch fällt es mir schwer, den Sound der Gitarre zu beschreiben. Vielleicht, weil es nach fast drei Jahren mit ihr einfach mein Sound ist?

Ich probiere mal, quasi von der anderen Seite reinzukommen. Denn immer, wenn ich meine anderen E-Gitarren gespielt habe (was immer seltener wird) und zurück zur Baron wechsele, merke/spüre/höre ich den Unterschied sofort. Ich besitze zum Beispiel eine gute Strat-Kopie (von Charvel/Jackson) und eine gute Fender USA-Tele. Als ich vor ein paar Monaten mal auf beiden die Saiten gewechselt und jeweils das Setup geprüft habe, hatte ich sie wieder etwas länger in der Hand. Ich besitze und spiele beide Instrumente schon ewig (20. Jahrhundert 😁) und sie gefallen mir immer noch gut. Sie machen genau das, was sie als Fender Tele und als Strat-Kopie machen sollen, und das auf einem guten bis sehr guten Niveau.

Nach einer Weile in der Tele- und Strat-Welt schnallte ich wieder die Baron um, spielte einen Akkord und dachte im Vergleich spontan: Wow, yes, genau so muss ein Halspickup klingen! Resonant, voll, luftig-schwingend und mit viel, viel Holz. In der gleichen Sekunde fiel mein Blick aufs Bedienfeld: Es war der Stegpickup. 😉

Es ist tatsächlich so, dass sich die Baron in ihrer ganz eigenen Sound-Welt bewegt. Deshalb führen Vergleiche eher in die Irre. Ja, sie kann (vor allem mit dem Steg-PU) knackig, perkussiv und strahlend drahtig klingen. Aber klingt sie dann genau wie eine Tele? Nein.

Ja, sie kann silbrig kehlig schmatzen, wenn beide PUs im Spiel sind. Aber auch das klingt weder genau wie eine Tele mit beiden PUs noch wie eine Strat in den klassischen Knopfler-PU-Mittelstellungen.

Und der Hals-PU allein? Sagen wir mal so: Wenn ich da sowohl Volume als auch Ton nur ein bisschen runterrolle, gibt das einen Fingerpicking-Ton (und ein entsprechendes Spielgefühl), als hätte ich eine akustische Gitarre in der Hand. So etwas geht mit (herkömmlichen) Teles und Strats schlichtweg nicht.

Von der Wand in die Hand. Möglichst täglich.

Klar, meine Referenzgröße ist eher die Fender-Welt. Mit Gibson-Instrumenten bin ich nie richtig warm geworden. Doch ich bin mir absolut sicher, dass die Baron für Gibson-Fans einen ähnlichen Effekt hat: Man erkennt Anklänge an klassische E-Gitarren-Modelle und deren Sounds, aber im Vordergrund ist stets klar und deutlich die eigene Stimme des Instruments vernehmbar. Und das ist wirklich etwas Einzigartiges, was meines Erachtens bei Instrumenten ”von der Stange” (oder was ist das Gegenteil von Boutique?) eher selten ist.

Begriffe wie Charakter, Persönlichkeit, Lebendigkeit und Individualität sind hier tatsächlich vollkommen angemessen. Das erkannte ich vor allem in den vielen kleinen Momente, in denen man mit einem Instrument mehr und mehr zusammenwächst: Wenn man merkt, dass man über die Bedienung von Schaltern und Reglern nicht mehr bewusst nachdenkt. Wenn man einen Sound erst im Kopf hört und gleich darauf von der Gitarre. Wenn man irgendetwas spielt und plötzlich selbst erstaunt darüber ist, auf einmal ganz neue Töne vom Instrument zu hören.

Dieses Wechselspiel zwischen Instrumentalist und Instrument ist tatsächlich höchst inspirierend – und ich habe es bisher nie auf diesem Niveau erleben dürfen. In der Klassik ist sowas eher üblich, Star-Virtuose Nigel Kennedy spricht auch immer sehr liebevoll von seiner ”Strad”(ivari). Klar, er könnte auch auf anderen (Meister-)Violinen brillieren. Und das Publikum würde wahrscheinlich kaum einen Unterschied hören. Aber Kennedy würde es hören. Und fühlen. Und genau das macht den Unterschied: Denn es geht ja nicht um Perfektion. Sondern um Charakter, Lebendigkeit und Persönlichkeit – die durchaus auch ”Fehler” oder zumindest gewisse ”Eigenheiten” einschließen können. Aber die in ihrer Summe den individuellen Charme eines Instruments konstituieren und es unverwechselbar machen.

An manchen Tagen ärgert man sich beim Spielen sogar regelrecht übereinander. Außerdem sieht meine Baron nicht nur in jedem Licht wieder anders aus – sie klingt auch dauernd etwas anders als noch einen Tag vorher. Das kann man auf Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck oder was auch immer schieben. Oder einfach sagen: Sie fühlt sich heute eben einfach anders (an) als gestern. Ist bei uns Menschen ja auch so. Immer exakt gleich wäre eher ungewöhnlich. Oder gar verdächtig …

4. Ausstattung & Handling

Bevor’s hier noch esoterischer wird, gehe ich lieber kurz auf ganz konkrete Details und Ausstattungsmerkmale meiner Baron Modell 1 mit der Seriennummer 7 ein. Wie erwähnt ist sie aus der Vorserie und hat noch nicht alle Features des heutigen Serienmodells. Das sich allerdings auch evolutionär weiterentwickelt – zum Beispiel ist Oliver kürzlich auf ein (sehr edles) Öl-Wachs-Finish für das Holz umgestiegen.

Die Pickups: Ich habe P90er und noch nicht die von Oliver selbst gefertigten Charlie-Christian-PUs der aktuellen Modelle. Über dieses und sämtliche anderen Details steht übrigens auf www.barongitarren.de viel zu lesen. Am Anfang waren noch Humbucker in einer Baron, über den PU-Tausch nach rund einem halben Jahr hatte ich bereits ausführlich berichtet. Für mich klingen die P90er fantastisch, ich würde nicht tauschen wollen. Ich bin zwar auch von Olivers eigenen PUs absolut überzeugt, aber ich finden meine einfach optisch ansprechender. Geschmacksache, klar. Aber Auge hört eben mit.

Die Ebenholz-PU-Cover sind aus dem gleichen Stamm wie das Furnier der Kopfplatte. Wahnsinn.

Elektrik und Bedienfeld: An die eher ungewöhnliche Positionierung von Schalter und Reglern habe ich mich sehr (!) schnell gewöhnt. Meine rechte Hand fand schon nach ein paar Tagen automatisch und ohne Nachdenken den Weg. Was für mich heißt, dass die Position ergonomisch klug gewählt ist – mal abgesehen davon, dass ich das Bedienfeld auch ästhetisch sehr gelungen finde.

Einfach schön & schön einfach.

Wie man sieht, habe ich nicht den Charakter-Drehschalter, über den vier Grundsounds ”von warm und mittig (1) bis offen und brillant (4)” abgerufen werden können. Denn dessen Entwicklung war erst nach meinem Kauf abgeschlossen. Oliver hatte mir angeboten, ihn nachträglich in meine Baron einzubauen. Ich habe ihn dann (an einem anderen Serienmodell) ausprobiert und finde ihn genial. Allerdings war ich zu diesem Zeitpunkt schon so an meine Baron und ihr Handling gewöhnt, dass ich sie nicht mehr groß verändern wollte. Außerdem ist der Drehschalter natürlich exakt auf die Baron-PUs abgestimmt – der Effekt mit meinen Amber-P90ern wäre etwas anders gewesen.

So oder so: Ich komme mit meinem Tone-Regler hervorragend klar und setze ihn auch oft ein. Zum Beispiel, um den Steg-PU etwas zu besänftigen und einen sehr druckvollen Rhythmus-Sound zu bekommen. Oder dem Hals-PU noch mehr akustische Wärme (Holz!) zu verleihen. Funktioniert super! Dazu tragen auch der saubere Lauf der Regler und die haptische Qualität der Ebenholz-Potiknöpfe bei. Die fasst man einfach gerne an. Genau wie den Schalter, der satt und sicher einrastet und auch ”blind” betätigt den Fingern klar vermittelt, in welche Position er steht. Allerdings kommt hier tatsächlich ein kleiner Kritikpunkt ins Spiel – so ziemlich der einzige, den ich habe. Er ist zum Glück eher nebensächlich und hat viel mit den tollen akustischen Eigenschaften der Baron und ihrer Konstruktion zu tun. Denn da der Schalter auf der schwingenden Decke sitzt, ist das Schaltgeräusch nicht gerade leise. 😉

Ach, und das Schlagbrett der aktuellen Modelle habe ich auch nicht – und wollte es auch nicht haben. Denn dafür ist die Decke meiner Baron einfach zu schön. Je mehr davon zu sehen ist, umso besser!

Der Hals: Lässt sich super spielen, hervorragendes Griffgefühl. Ich habe übrigens die 625er-Mensur und die gefällt mir gut. Aber ich war beim Ausprobieren der 600er-Modelle überrascht, wie wenig Unterschied die deutlich kürzere Mensur für Spielgefühl und Sound macht. Was wiederum für die Qualität der Hölzer und der gesamten Konstruktion der Baron Modell 1 spricht.

Die Ergonomie: Tatsächlich ist die Abrundung der oberen Korpuskante ein wichtiges Detail, das erheblich zum Spielkomfort beiträgt. Hätte ich erst gar nicht gedacht. Beim Spielen spürt man aber sofort, wie angenehm das ist. Und auch dieses Detail trägt zur überaus gelungenen Gesamt-Ästhetik des Instruments bei, finde ich.

Hoher Konstruktionsaufwand > hoher Spielkomfort.

Die gesamten Specs meiner Baron sind hier nochmal nachzulesen:

Wirklich 2,8 kg? Fühlt sich deutlich leichter an.

5. AMPLIFICATION

Ich hätte auch nochmal SOUND schreiben können. 😁

Die Baron Modell 1 hat zwar schon konstruktionsbedingt beträchtliche akustische Qualitäten, ist aber eine E-Gitarre. Braucht also Verstärkung.

Anfangs spielte ich sie über meinen Budget-Röhrenamp der Marke Rocktone. Der ist gar nicht sooo schlecht. Aber kein adäquater Sparringspartner für ein edles Boutique-Instrument. Also sah und hörte ich mich um und landete bei Supro.

Über mein (aktuelles) Board schreibe ich dann später mal was. 😉

Der Delta King 12 war genau das, was mir vorschwebte: integrierter Hall, Boost- und Drive-Möglichkeit, fertig. Also ein Class-A-Röhren-Amp, in den man die Gitarre einstöpselt und nichts Weiteres braucht. Und preislich in einer Region, die ich mir ein halbes Jahr nach dem Gitarrenkauf erlauben konnte. Wollte. Durfte. 😉

Schönes Paar! ❤️

Der Amp hat vor allem einen Master-Regler, lässt sich also super auf Zimmerlautstärke drosseln. Und macht dabei auch noch viel Spaß.

Wenn’s mal noch leiser sein muss, habe ich inzwischen auch eine Lösung:

Mein Freund Harley.

Das kleine Ding macht überraschend viel Spaß – mehr, als ich dachte. Sehr schöne Clean-Sounds. Damit ist man mit den Ohren ganz nah am Holz.

Apropos Gehör: So richtig laut habe ich meine Baron übrigens tatsächlich erst einmal gespielt. Im neuen Proberaum meiner Band, über den alten Rocktone. Schön laut – aber ich habe die besonderen Qualitäten der Gitarre auch in Band-Lautstärke gut wiedererkannt.

In meinem neu konfigurierten Heimstudio arbeite ich derzeit noch an einer Lösung dafür, den Baron-Sound optimal in den Rechner zu bekommen. Wenn ich zufrieden bin, reiche ich Aufnahmen an dieser Stelle nach!

6. FAZIT

Es ist ein fantastisches Instrument. Mir gefällt besonders die absolute Individualität meiner Baron Modell 1 mit der Seriennummer 7: Es gibt auf der ganzen Welt nur diese eine.

Schlicht, klar, edel. Schön.

Zu ihrer Einzigartigkeit trägt optisch und klanglich natürlich die tolle Ahorn-Decke (”mit Kern”, wie im Zertifikat steht) wesentlich bei. Aber es sind vor allem das Gesamtkonzept, die Konstruktion, die Auswahl der Hölzer und die unnachahmlich sorgfältige und liebevolle Verarbeitung, die meine Baron zu einem so außergewöhnlichen Instrument machen. Ich liebe auch gewisse winzige Details, die mir zeigen, dass sie eine zu 100 % handgefertigte Gitarre ist. Dezente Aging-Spuren gibt es auch schon. Aber die sehe wahrscheinlich nur ich … 😉

Es war eine gute Entscheidung, diese Gitarre zu kaufen. Ich kann’s nur empfehlen, sich so ein Instrument zu gönnen (wenn möglich). Seit ich sie habe, interessieren mich andere Gitarren tatsächlich deutlich (!) weniger. Sie ist also ”The One” geworden – und genau dieses Instrument für seine Kunden anzufertigen, hat Oliver tatsächlich mal als Anspruch und Antrieb seiner Arbeit als Gitarrenbauer formuliert. Mission accomplished!

Das war der erste Teil meiner ”Gitarren-Nirwana”-Trilogie. Der nächste folgt möglichst bald – stay tuned!

Hach!😊