Das große Messen (Teil 2)
Wie im ersten Teil berichtet, war mein Besuch der Hausmesse bei Musik Produktiv am 11.11.2017 vor allem von meiner Begegnung mit Gerald Marleaux geprägt. Und von der mit seinen Bässen. Und von der enormen Lautstärke auf der Messe, trotz derer wir uns ein bisschen unterhalten konnten. Auch über mein Bassschraub-Projekt!
Dabei gab es für mich durchaus ein paar Aha-Momente. Ich konnte ein paar Einblicke in Gerald Marleauxs Arbeit und Einstellung gewinnen, die ich sehr spannend fand. Ich fragte zum Beispiel, wie viele Bässe er denn selbst besäße. Er lachte und sagte: ”Vielleicht zwei ….” Er sagte, manchmal nehme er sich einen Bass aus der Produktion, den er dann irgendwie bunt lackiere, damit er als der seine markiert sei. Aber er hat bei seiner Arbeit ja auch täglich die ganze Palette der Marleaux-Modelle in den Händen; der Bedarf an Bässen in eigenem Besitz ist dann wohl nicht so hoch, denke ich.
Ich fragte auch, ob es ihm denn manchmal schwerfalle, ein besonders schönes Exemplar gehen zu lassen. Was der unbedarfte Hobby-Schrauber eben den Profi so fragt … der dann darauf hinweist, dass er ja davon lebe, die Bässe zu verkaufen. Die ja auch fast ausschließlich auf Bestellung gefertigt werden.
Ich habe dann auch noch den einzigartigen Marleaux Contra testen dürfen. Genau diesen hier:
Ja, richtig, da steht ”8.300 Euro” auf dem Zettel. Ich glaube nicht, dass ich jemals zuvor ein Instrument dieser Preisklasse in den Händen hatte. Aber auch nicht ein so außergewöhnliches. Es sieht nicht nur unglaublich edel aus (auch durch das unglaublich authentische Ageing der Decke, von Gerald Marleaux persönlich ausgeführt), es fühlt sich auch so an. Und klingt auch so. (Zum Nachlesen und -hören gibt’s übrigens einen Test auf Bonedo.de.)
Wie leitet man von so etwas Feinem dann zu meinem bescheidenen Schraubbass-Projekt über? Egal, ich habe Gerald Marleaux einfach davon erzählt – und dabei betont, dass ich geschraubt und nicht mal ansatzweise gebaut habe – und er fand’s gut. Höflicher Mensch eben. 😉
Nein, er fand’s wohl ehrlich gut. Ich erzählte ihm, dass ich die Teile von BassParts.de bzw. BassLine bezogen hatte; Rüdiger Ziesemann kennt er natürlich. Ich beschrieb kurz meine Intention bei dem Projekt und wie es meine Wertschätzung für das, was echte Instrumentenbauer wie er leisten, noch einmal deutlich gesteigert hat. Dann zeigte ich ihm auch ein paar Fotos von meinem Bass, z. B. dieses:
Ihm gefiel der Look und vor allem das Öl-Wachs-Finish. Interessant auch, wie er die Hürden und Probleme, die ich beim Zusammenschrauben hatte, kommentierte. Ich erzählte zum Beispiel vom Sattel und dass ich mich nicht getraut habe, den selbst zu feilen – und lieber den Fachmann rangelassen habe.*
Das konnte er gut verstehen – er lachte und sagte, dass seine Bässe genau deshalb alle einen Nullbund haben. Zum Sattelfeilen habe er nämlich auch keine Lust … 😉
Aber ihm gefiel an meinem Projekt wohl vor allem der emotionale Effekt, den ein DIY-Bass in jedem Fall hat: Die Beziehung zum Instrument hat eine ganz andere und intensivere Qualität, wenn man es selbst gebaut oder zumindest zusammengeschraubt hat. Stimmt voll und ganz.
Liebe zum Leim
Gerald Marleaux hat mir dann auch noch mehr über seine eigene Arbeit und die Feinheiten des Bassbaus bei Marleaux erzählt. Sehr spannend fand ich, wie leidenschaftlich und detailliert er über ein Thema geredet hat, dass mich bei meinem Schraubprojekt überhaupt nicht berührt hat: Leim.
Denn da gibt es wohl erstaunlich viel zu beachten, wenn man Hölzer verleimt. Zum Beispiel Griffbretter mit Basshälsen. Die Schwingungsübertragung zwischen den verleimten Teilen soll schließlich nicht nur gut, sondern exzellent sein. Und wenn man dann bedenkt, dass dies im Bassbau ja nur ein Parameter von ziemlich vielen weiteren ist, die sich alle auf die Qualität des Instruments auswirken, wird mal wieder ganz klar: Für Instrumentenbau auf diesem Niveau braucht man neben Talent auch unendlich viel Geduld, Akribie, Geschick, Erfahrung, Fachwissen – und Liebe.
Ich selbst kann höchstens in der letztgenannten Kategorie punkten. Umso inspirierender, jemanden zu treffen, der all diese Anforderungen (über)erfüllt. Wahrscheinlich hat meine Begeisterung dazu geführt, dass meine Hand beim abschließenden Selfie (konnte ich mir nicht verkneifen) wohl nicht ganz ruhig geblieben ist:
Egal. Ich verließ den Marleaux Messestand mit einem rundum guten Gefühl. Denn mein Schraub-Projekt hat mir zum wiederholten Mal ermöglicht, ein bisschen mehr von der beeindruckenden Welt des Bassbaus kennen zu lernen. Oder vielleicht sogar zu verstehen.
Und was gab’s noch auf der Messe? Was habe ich letztendlich gekauft? Und welchen weiteren Bass getestet? Mehr dazu im nächsten Teil …
*Bei der Verlinkung zur Sattelfeil-Geschichte fiel mir auf, dass ich dort ja auf die Goldenen Blogger hingewiesen hatte. Und nicht genau sagen konnte, wie das mit dem Nominieren funktioniert. Tut es ja auch erst jetzt: Seit ein paar Tagen ist die Nominierungsphase eröffnet – mehr dazu unter http://goldene-blogger.de/#nominieren. Vielleicht möchte ja jemand www-tim-stelzer.de/timschraubtbass vorschlagen? Es gibt offensichtlich die Kategorie ”DIY-Blog” – könnte passen … 😉