54 BLOOPER REEL

Meine größten Failer.

Nach dem kritischen Zwischenfazit im letzten Beitrag gehe ich jetzt doch noch einen Schritt weiter. Dahin, wo es wirklich weh tut. Und wo meine grundsätzliche Untauglichkeit für ein handwerkliches Projekt wie dieses noch einmal überdeutlich wird. Aber hinterher ist es dann eben doch lustig – auch wenn ich damals jeweils ziemlich geflucht habe. Und mich nicht getraut habe, es im Schraubbericht überhaupt zu erwähnen. Denn wie blöd kann man (also ich) sein? Offenbar ziemlich blöd. Here it comes: das ”Tim schraubt Bass” Blooper Reel!

Ich beschränke mich dabei aber auf die beiden größten Klopfer. Und das ist auch schon das Stichwort für Fail Nr. 1:

1. SHAKE, RATTLE & ROFL

Es passierte ganz am Anfang, als eigentlich noch gar nichts passiert war. Und deshalb war das auch so ärgerlich unnötig. Meine Güte … Ich war jedenfalls ziemlich fassungslos.

Die Geschichte geht so: Ich hatte bereits die Teile zugeschickt bekommen. Ich hatte auch schon die Frage der Holzbehandlung mit Öl & Wachs geklärt und entsprechende Produkte ausgesucht und gekauft. Und dann liegt der unbearbeitete Bass-Body neben mir auf dem Sofa. Und ich nehme die Glasflasche mit dem Leinos Hartöl in die Hand. Wo drauf steht, dass man das Zeug vor der Anwendung gut durchschütteln muss. Also schüttele ich – obwohl zu diesem Zeitpunkt vollkommen unnötig – die Flasche einfach mal, was das Zeug hält. Und:

BÄM!

Genau. Ich haue mit der Glasflasche eine schöne Macke ins Holz des neben mir liegenden Bodys. SEUFZ. Man sieht’s bis heute sehr gut:

Ist am oberen Horn, wo ich beim Spielen auch immer schön im Blick habe, dass ich da eine Macke reingehauen habe. Aus reiner Blödheit. Grmpfl.

 

2. SKUNK STRIPES

Ärgernis Nummer zwei passierte, als der Bass schon weitgehend fertig war. Da war das Holzfinish zwar schon zu 96 % angetrocknet, aber doch noch leicht klebrig. Trotzdem dachte ich mir nichts dabei, den Bass in einen sehr alten Gitarrenständer zu stellen:

Irgendwann, nach ein paar Tagen, hatte ich dann so ein merkwürdiges Gefühl. Also nahm ich den Bass in die Hand und schaute mir mal die Halsrückseite genauer an. Ja, genau, War klar.

DER BLÖDE GITARRENSTÄNDER HATTE ABGEFÄRBT!

Da war ein deutlicher dunkler Streifen hinten am Hals. Genau da, wo er Kontakt zum Gummi des Gitarrenständers hatte. ARRRGGGGH!

Aber das war natürlich nicht alles. Denn auch die Kontaktstellen unten am Body waren dunkel. GRRRRRRR!

Ich habe keine Fotos davon gemacht, weil ich mich so geärgert habe. Und mit dem Polierlappen war da auch nichts zu machen. Hm.

Letztendlich habe ich dann etwas ausprobiert, was auch wirklich funktioniert hat: Ich nahm ein Radiergummi – und radierte die dunklen Stellen einfach weg. 😉

(Jetzt steht der Bass natürlich in einem anderen Ständer, der eine andere Bauart hat, bei der der Hals gar keine Stütze hat. Unten achte ich darauf, dass zwischen Bass und Gummi der Ledergurt des Basses liegt.)

 

UND WAS LERNEN WIR ALSO?

”Blöd kann man ruhig sein. Man muss sich nur zu helfen wissen.” – Diese Weisheit hat mir meine Mutter mitgegeben, als ich noch ein Kind war. Und sie gilt offensichtlich bis heute für mich, wenn ich handwerklich tätig werde. Ich nenne das dann einfach mal STELZER’S LAW.

 

 

 

 

53 THE GOOD, THE BAD & THE BEAUTIFUL BASS

Blick zurück nach vorn.

”Tim schraubt Bass” ist jetzt ein gutes halbes Jahr online. Der Bass ist seit ein paar Monaten in einem Zustand, den man ”fertig” nennen kann. Und er ist seitdem kontinuierlich im Einsatz, sowohl im (dann nicht so) stillen Kämmerlein zu Hause als auch bei den wöchentlichen Proben meiner Band DIE BERATER.  Und einen ersten Gig hat er auch schon hinter sich. Zeit, ihn noch einmal genau anzusehen – und ein vorläufiges Fazit zu ziehen. 

Den Bauprozess hatte ich letzte Woche ja schon in der neuen Bildergalerie SCHRAUBEN KOMPAKT zusammengefasst. Jetzt folgt hier sozusagen SCHRAUBEN IM DETAIL. Doch zunächst mal alles auf Anfang: Was war überhaupt meine Intention, als ich das Projekt begonnen habe? OK, die offensichtliche Antwort ist:

> Ich wollte einen E-Bass selbst zusammenschrauben!

Das hat ja wohl auch funktioniert. Also Haken dahinter. Und weiter:

> Der E-Bass sollte die klassische Bauform ”Fender Precision” haben.

Hat auch geklappt. Hatte ich ja auch so konzipiert – und die Teile für so ein Projekt sind ja auch alle gut verfügbar, weil es eben eine ganz klassische Bass-Bauform ist.

> Der Bass sollte die ”Allround-Lösung” für den Einsatz in meiner Band werden.

Durchaus, ja, ist er geworden und gefällt in dieser Funktion nicht nur mir, sondern auch meinen geschätzten Bandkollegen. Check!

Aber dann gab es ja auch einen weiteren, sehr zentralen Aspekt meines Projekts:

> Ich wollte ausprobieren, ob man sich auch als Nicht-Handwerker ein brauchbares Instrument zusammenschrauben kann.

Tja-haaa. Da könnte ich jetzt natürlich mit Fug und Recht ”Yes, you can!” sagen und auch einen Haken dran machen. Aber interessant wird es ja immer erst im Detail. Also schauen wir uns den Bass doch mal näher an … Was finde ich an ihm gelungen & gut – und was nicht?

THE GOOD

> Der Bass sieht super aus. Keine Widerrede.

> Das geölte & gewachste Holz fühlt sich fantastisch an.

> Die (unverlötete) Elektrik funktioniert bisher weitgehend  störungsfrei. Volume- und Tone-Regler arbeiten differenziert – für mich der erste passive Bass, bei dem der Tone-Regler wirklich brauchbar ist.

> Der Bass ist sehr, sehr stimmstabil (was vor allem für die Qualität der BassParts.de-Teile spricht, aber vielleicht auch ein bisschen für die Qualität meines Schraubens … 😉 ).

> Der Sound ist ausgewogen, druckvoll, tragfähig, durchsetzungsstark, dynamisch gut formbar und charakterstark. Ein echter Preci eben.

> Die Bespielbarkeit (Saitenlage etc.) ist für mich prima.

> Die geniale Einfachheit. Ein Pickup, zwei Regler, satter Sound – und los. Leo Fender hat mit dem Precision Bass eben einen absolut zeitlosen Instrumentenklassiker geschaffen – der immer noch auf allen Bühnen der Welt unterwegs ist

> Und, das Wichtigste: Es ist MEIN Bass – selbst konzipiert, selbst zusammengeschraubt und vollkommen einzigartig! 

THE BAD

> Das Gewicht – ziemlich genau 4,5 kg – ist zwar normal bzw. Durchschnitt für einen Bass dieser Bauart. Aber meine Schulter meldet sich leider schon wieder schmerzhaft, seit ich den Bass regelmäßig spiele.

> Der Tone-Regler fizzelt beim Runterdrehen im letzten Drittel minimal.

> Die Brückenkonstruktion der Göldo 3D Bass-Bridge erleichtert das Saitenaufziehen eigentlich, weil man die Saiten einfach einlegen kann. Aber sie schlackern auch leicht wieder aus der Brücke, wenn man sie beim Drehen der Mechaniken nicht festhält. Wahrscheinlich Gewöhnungssache.

> Die Bundierung ist zwar sauber und ordentlich, aber an ein paar Stellen schnarrt es dann doch etwas über das Normalmaß hinaus. Das war allerdings von Anfang an klar. Bei einem neuen Hals sollten nach der Bassmontage die Bünde abgerichtet werden. Am besten vom Fachmann. Ist schon in Planung – mehr dazu demnächst!

> Das Hals-Finish. Martina Ziesemann hatte mich gewarnt – ”Beim Hals raten wir eher zu einer Mattlackierung, weil der doch sehr schnell verschmutzt und mit dem Lack besser geschützt ist.” Das habe ich aus optischen & haptischen Gründen ignoriert. Und siehe da:

Je nach Licht sind bereits gräuliche Spielspuren deutlich sichtbar. Hm. Ich kann aber damit Leben – man sieht’s ja im Normalbetrieb des Basses nicht. Und dann wiederum zahlen heute viele Musiker bizarrerweise viel Geld für das künstliche ”Ageing” ihres Instruments. Edelbassbauer wie Sandberg bieten das sogar als standardmäßig an, in verschiedenen Abstufungen. Wer’s mag … Ich mag lieber echte, selbst gemachte Spielspuren. Und selbst detailverliebte Gitarrenbauexperten wie Oliver Baron und Gerald Marleaux haben mir im Gespräch bestätigt, dass sie solche Spielspuren am Hals überhaupt nicht schlimm finden – im Gegenteil. Zum Vergleich dann hier auch mal der optische Zustand des Halses meines 1988 gebraucht gekauften Kontrabasses:

Schön, oder? 😉

> Ein paar Klitzekleinigkeiten sind mir handwerklich nicht so gelungen, Zum Beispiel der legendäre allererste Montageschritt – das Einkleben des Sattels. Der steht unten (also auf der Seite der G-Saite) m. E. ganz minimal über, vielleicht einen Drittelmillimeter. Sieht man kaum, merkt man beim Spielen auch kaum oder gar nicht, glaube ich – die Saitenführung ist trotzdem OK. Aber es ist eben nicht perfekt gelungen. Und ich weiß es. Ebenso ist der Stringtree an der Kopfplatte nur zu 95 % an der perfekten Position. Aber das soll reichen …

> Die Pickup-Montage lief auch nicht so optimal. Was auch Auswirkungen auf die Funktionalität hat: Die Höhenverstellung funktioniert nicht wirklich gut. Da muss ich wohl bei Gelegenheit aus noch mal nachbessern (lassen).

Viele der Punkte auf der Negativliste könnte man aber wohl auch genauso aufzählen, wenn man einen E-Bass mittlerer Preisklasse irgendeiner Standard-Marke irgendwo kauft. Denn da können sich natürlich auch kleine handwerkliche Fehler finden – oder das Setup ist nicht optimal und muss nachgebessert werden. Eine ganze normale Sache, die viele (gute) Gitarrenläden auch standardmäßig beim Kauf eines Instruments anbieten.

THE BEAUTIFUL BASS

Tja, das isser … und ich bin sehr glücklich mit ihm. Und da er eben nicht perfekt ist, bietet er mir auch noch viel Gelegenheit zum Weiterschrauben. Und zum Weiterschreiben. Bis bald also!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

52 VORSÄTZLICHE TATEN

Schraub on.

Ich will weiter Schrauben. Nein, das ist kein Vorsatz, das ist eine Erkenntnis aus dem halben Jahr, das ”Tim schraubt Bass” jetzt online ist. Die große Zeit der Rückblicke habe ich knapp verpasst – also schaue ich heute lieber in die Zukunft meines Projekts.*

Mein Besuch der Musikmesse bei Musik Produktiv, über den ich hier, hier und hier berichtet hatte, brachte mich etwas ins Grübeln. Umgeben von all diesen tollen Instrumenten und vor allem nach dem Testen der wunderbaren Marleaux-Bässe tauchten doch etwas Zweifel an meinem Schraub-Projekt auf. War das sinnvoll investierte Zeit? Hätte ich das Geld lieber für einen ”richtigen”, von einem Profi gebauten Bass ausgeben sollen? Warum nicht gleich vor Ort zuschlagen und einen dieser tollen Messebässe mitnehmen?

Nix da. Die Zweifel gingen im Messelärm unter. Und hatte nicht zuletzt sogar Gerald Marleaux sich wohlwollend zu meinem Schraubprojekt (und einem Foto meines Basses) geäußert?

Also kaufte ich nur etwas mit einem gewissen Symbolcharakter (und vielleicht auch praktischem Nutzen):

Das Gitarren-Multitool von Ibanez passte perfekt zu meinen Gedanken und Entschlüssen, die ich während der Messe fasste. Und die gingen in diese Richtung:

Ich habe einen wunderschönen selbst geschraubten Bass. Und noch viele weitere tolle Bässe. In denen steckt viel Schraub-Potenzial – und das will ich nutzen.

Deshalb möchte ich 2018 mein Geld- und Zeitbudget, dass ich mir fürs Schrauben erlaube, ausschließlich in die Optimierung meiner vorhandenen Bässe stecken. Die sind zwar alle grundsätzlich in gutem Zustand. Aber an der einen oder anderen Stelle könnten sie wohl ein Update oder Upgrade gebrauchen. Angefangen von neuen Saiten (ich bin bekennender Wechsel-Muffel) übers Abrichten der Bünde bis hin zur Elektronik-Erneuerung.

Auf mein schöner Schraub-Bass soll weiter optimiert werden, soweit es geht und sinnvoll ist. Einiges werde ich selbst machen, andere Aufgaben werde ich lieber Profis überlassen. Ein erster ”Job” ist sogar schon erledigt worden – mit hervorragendem Ergebnis. Aber dazu demnächst mehr!

 

*OK, einen zusammenfassenden Rückblick wird es auch noch geben. Der Schraubbass ist jetzt ja schon ein paar Monate im Einsatz – da wird’s Zeit für einen Erfahrungsbericht mit Zwischenfazit. Stay tuned! 😉