89 PLAN B. (Teil 1)

Eine Menge Holz

Wie im Intro bereits berichtet, kam ich mit der Ankündigung meiner Helliver-Gitarrenbestellung zum genau richtigen Zeitpunkt bei Oliver um die Ecke. Denn dessen Gedanken zur Neuausrichtung seines Sortiments und überhaupt seiner Arbeitsstruktur hatten sich da schon in erste Entwürfe niedergeschlagen. Und nachdem ich bereits ein paar Zeichnungen gesehen hatte, lagen im Herbst 2019, als ich den Helliver-Bass testete, schon fertige Teile eines Prototypen in der Werkstatt. Und ich war sofort angefixt.

Warum? Erkläre ich gerne. Aber dazu muss ich etwas ausholen …. Ja, Gitarre was my first love, wie ich im letzten Artikel schrieb. Aber eben nicht die E-, sondern die A-Gitarre. Nach der üblichen ersten Klassikgitarren-Phase mit freundlicher Unterstützung von Peter Bursch (noch die ursprüngliche Ausgabe mit Schallfolie!) stieg ich nicht sofort zur E-Gitarre auf/um, sondern kaufte mir (mit zum Teil in Ferienjobs erarbeitetem Geld) eine ganz gute Western-Gitarre, wie Stahlsaiten-Gitarren damals im Volksmund hießen. Das war Mitte der 80er.

Die hatte sogar einen simplen Pickup und wurde deshalb in der Band, die ich ungefähr zur gleichen Zeit mitgründete, ausgiebig eingesetzt. Vom Gitarristen (Hallo Andi! 😉 ), denn ich war mittlerweile auf ebenso zufälligen wie schicksalhaften Wegen zum Bass gekommen. Meine akustische Gitarre spielte ich aber immer weiter, schließlich musste ich ja auch Songs schreiben, Harmonielehre verstehen und als Jugendgruppenleiter bei abendlichen Lagerfeuer-Sessions lustiges Rudelsingen begleiten.

Am Anfang meines Studiums lernte ich dann Harald kennen, der einen Gitarrenduo-Partner gesucht hatte – selbstverständlich A-Gitarre. Wir spielten viel zusammen. Ich hatte mich inzwischen auch ausgiebig mit Fingerpicking und sonstigen eher akustischen Spieltechniken beschäftigt.

In meinem Studienjahr in den USA, Mitte der 90er, nutzte ich Gelegenheit und Dollar-Wechselkurs dann unter anderem dafür, mir neue Instrumente zu kaufen. Auf Basis meiner real existierenden musikalischen Aktivitäten war klar, was für Instrumente das sein sollten: ein E-Bass und eine akustische Gitarre. Keine E-Gitarre!

Mein Fender MIJ FotoFlame Jazz Bass, gekauft 1995 in Atlanta/Georgia. Ja, ich mag Holz-Optik. 😉

Die ebenfalls in Atlanta gekaufte Westerngitarre von Simon & Patrick Luthier (Sub-Marke von Godin) ist auch ein schönes Schätzchen. Aber eben auch akustisch. Mit E-Gitarren hatte ich es (noch) nicht so.

Auf dem Weg zum E.

Ende der 90er machte ich auf ebenso zufälligen wie schicksalhaften Wegen die Bekanntschaft einer lustigen ”Alternative Country”-Band in Münster, Barn Pain (Toralf Spittel: Voc/AGit; Marius Spittel: Bass/bVoc; Tom Heller: Drums/bVoc; Cornelius X: EGit; Tim Stelzer: EGit/bVoc). Die suchten gerade zufällig jemanden für die Solo-Gitarre. Ich stieg ein und kaufte mir, wiederum in den USA (Studienaufenthalt in Illinois), in einem Pfandleihhaus meine erste E-Gitarre – eine Charvel/Jackson Strat-Kopie. Sehr schöne Gitarre, die mittlerweile hauptsächlich von meinem Sohn genutzt wird.

Zum Examen 1999 schenkten mir meine Großeltern eine E-Gitarre (bzw. das Geld dafür), die ich in Münster bei Rare Guitar kaufte – eine sehr, sehr schöne blaue Fender USA Telecaster. Die wurde dann meine Haupt- bzw. Band-Gitarre, prominent zu hören in diesen beiden Barn Bain-Preziosen von damals (2001):

BARN PAIN: „Since She Started to Ride“ (Jonathan Richman)
BARN PAIN: „Wreck of the Old ’97“ (Charles W. Noell / Fred J. Lewey / Henry Whitter)

Von A über E nach B.

Meine ersten gitarristischen Prägungen fanden also zunächst vor allem akustisch statt. Western-Gitarren waren meine Welt. Und in der Welt der E-Gitarren, die ich später erkundete, ist die von mir geliebte Fender Tele ja eher so eine No-Nonsense-Gitarre mit einem gewissen rauen, ursprünglichen Charme und Charakter. Eben ein Brett mit Saiten drauf. Gradlinig und effektiv. Aber dann, wenn man sich näher mit ihr (und ihren unzähligen Ausführungen) beschäftigt: Es gibt unglaublich viele Tele-Spieler in einer großen Bandbreite von Stilen. Albert Collins, Mike Stern, Keith Richards, Jimmy Page (ist ja mittlerweile eine Binse, dass er das Solo in ”Stairway to Heaven” auf einer Tele gespielt hat), Danny Gatton, Bruce Springsteen – to name but a few. Da steckt dann offensichtlich doch sehr viel Potenzial in dem nur scheinbar einfachen Brett.

Tja, und was soll ich sagen: Was Oliver in seinen grundlegenden Neuplanungen skizzierte und mir zeigte, kam mir auf dieser Basis dann persönlich so passgenau entgegen, dass ich auch hier nur von einem ebenso zufälligen wie schicksalhaften Weg schreiben kann. Wobei Olivers Konzept natürlich weder viel mit einer akustischen Gitarre noch mit einer Telecaster zu tun hat. Es geht hier nur darum, dass es mich, von diesen Haupt-Prägungen kommend, sofort ansprachen.

B. in Planung

Schon die ersten Parameter des neuen Modells sprachen für sich: ausgehöhlter Korpus, Single Cut, F-Löcher, zwei Pickups – ja, doch, da kam viel zusammen, was für mich zusammengehörte!

Je mehr Oliver mir von seinem neuen Modell erzählte und je mehr Skizzen er mir zeigte, umso begeisterter war ich. Also entschied ich mich letztendlich tatsächlich gegen eine Helliver – und für eines der ersten Exemplare der neuen ”Baron Elektrogitarren” (Olivers neues Label). Ein gewisses Wagnis, ja – es gab zu diesem Zeitpunkt noch kein vollständig fertiges Exemplar zum Testen. Aber ich durfte dann viele Planungsschritte und Detailveränderungen begleiten und bestaunen, die auf den Erfahrungen mit einem ersten Baron-Prototypen beruhten. Und generell vertraute ich auf Olivers Erfahrung und Expertise. Der weiß schon, was er macht – und wenn er aus seinem Wissen mit seiner schon fast manischen handwerklichen Präzision ein neues Modell formt, dann wird das auf jeden Fall etwas Besonderes sein.

Und dann gab’s tatsächlich schon bald eine erste fertige Baron Elektrogitarre, die schon ziemlich genau das fertige Konzept repräsentierte – Trommelwirbel & Tusch:

Sie ist ein Modell …
und sie sieht gut aus. (Aber ein paar kleinere Design-Änderungen sollte es im weiteren Verlauf noch geben.)

Die genaueren Spezifikationen liefere ich in einem der nächsten Artikel nach. Für mich – und Oliver – war an diesem Modell zunächst vor allem wichtig, dass dafür gar nicht so viele Entscheidungen getroffen werden müssen. Die Gitarre ist so, wie sie ist – und abgesehen von den Pickups gibt es kaum Bereiche, in denen ich als Custom-Kunde eine Wahl zwischen verschiedenen Optionen habe. Und das ist auch gut so! Jedenfalls für mich.

Nichtsdestotrotz musste ich gleich am Anfang meiner per Handschlag besiegelten Gitarren-Bestellung eine ganz wesentliche Entscheidung treffen. Denn was ich mir aussuchen durfte/konnte/musste, war das Holz für die Decke. Und das war schwierig genug!

Ich und sein Holz.

Oliver hält eine erstaunlich große und vielfältige Auswahl an (fertig gespiegelten) Deckenhölzern in seiner Werkstatt bereit. Und das schon viel, viele Jahre – die Hölzer sind wirklich optimal abgelagert. Wir ”blätterten” also einen großen Stapel wunderschöner Hölzer durch. Mehrmals!

Dabei blieb ich wiederholt bei einer Decke hängen. Also hörte ich einfach auf mein Bauchgefühl: Diese soll es sein (siehe unten)! Hurra – der erste Schritt auf dem überhaupt nicht zufälligen, aber umso mehr schicksalhaften Weg zu meiner ”Baron” war gemacht!

Die spannende Maserung und vor allem den zarten Riegel erkennt man auf den Fotos leider nur unzureichend.
Aber das bringt das Finish dann ja später deutlicher zur Geltung. Trotzdem, so schon einzigartig, oder? ODER?
Hey, Gitarre schon fast fertig … fehlt noch was?

OK, das war jetzt wirklich eine Menge Holz. Und es wird in den nächsten Teilen des Bau-Berichts sogar noch mehr! Allerdings muss ich Oliver zu einigen der Fotos, die er mir freundlicherweise zwischendurch immer wieder zugeschickt hat, nochmal fragen, welche Arbeitsschritte genau da jeweils dokumentiert sind. Als Nicht-Handwerker sieht man da nur … nun ja, eine Menge Holz.

Bis bald – stay tuned!

88 PLAN B. (INTRO)

”You can never have too many guitars!”

Ein T-Shirt mit diesem Spruch bekam ich bereits vor vielen Jahren mal geschenkt. Abgesehen davon, dass der Spruch sowieso schon immer total wahr war, hat er sich bei mir seitdem sogar noch mehrfach bewahrheitet. Es war einfach nie genug! (Bassgitarren eingerechnet, sind ja auch Gitarren.) Und jetzt geht der Zähler bald wieder hoch: Ich bekomme eine neue Gitarre. Eine elektrische, mit sechs Saiten. Aber nicht irgendeine Gitarre. Nein: Ich bekomme meine Gitarre!

Ich hatte ja vor ein paar Monaten schon mal was angedeutet. Und dann sogar noch einen Hinweis gegeben. Jetzt wird’s langsam ernst! Anfang Dezember feiere ich einen runden Geburtstag, und aus diesem Anlass feiere ich eben nicht. Ist dieses Jahr wohl nicht so günstig, eine große Party mit Family & Friends zu schmeißen. Auch nicht wenige Monate später, gemeinsam, wenn die beste aller Ehefrauen mein Alter einholt. Der ”Plan B.”, den ich mir schon vor längerer Zeit als Alternative ausgedacht (und den die beste aller Ehefrauen sogar spontan bewilligt) hatte, fällt zwar irgendwie auch in die Kategorie ”nicht so günstig”. Eigentlich gerade nicht die beste Zeit für eine solche Investition, könnte man meinen. Aber gerade wegen Corona hat sich mein Plan genau in diesem Jahr bereits als eine sehr gute Idee erwiesen.

Aber ich greife voraus. Die Aufregung! 😉

Ich mach’s kurz und erkläre jetzt schon mal den ”Plan B.”: Ich lasse mir (m)eine Gitarre bauen. Von Oliver Baron aka Helliver aka – jetzt neu! – ”Baron Elektro-Gitarren”.

Und das kam so.

Mein #timschraubtbass-Experiment hat mir ja seit dem Sommer 2017 bereits viele angenehme Überraschungen beschert. Und ein sehr, sehr schöner Bass ist dabei auch herausgekommen.

Ich hätte das Projekt wahrscheinlich gar nicht erst in Angriff genommen, wenn ich nicht ein paar Jahre davor den Sound Ranger kennen gelernt hätte, bei dem ich mittlerweile schon viel Musik-Equipment umbauen, reparieren, warten und optimieren ließ. Und wie regelmäßige Leser meines Blogs wissen, teilt sich der gute Dave schon seit Jahren die Werkstatt-Adresse mit Oliver. Beide standen mir vor & während meines Schraub-Projekts nicht nur mit hilfreichen Tipps zur Seite, sie haben auch aktiv an der Vollendung meines Precis mitgefeilt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Dave sogar zweimal, Oliver einmal ausführlich.

Da kommt man ins Gespräch. Ab und zu probierte ich während eines Werkstatt-Besuchs Olivers Gitarren aus und war sehr angetan. Dann durfte ich den ersten Helliver-Bass ausführlich testen (hier Teil 1, Teil 2 und Teil 3). Und mehr als einmal, nachdem ich Oliver mal wieder durch nerdige Gitarren- und Musikgespräche von der Arbeit abgehalten hatte, verließ ich die Werkstatt mit den Worten: Irgendwann bekomme ich auch eine Helliver. Irgendwann!

Und irgendwann kam ich dann wirklich in die Werkstatt und sagte: Es ist soweit. 🙂

Der Zeitpunkt war vorteilhaft, wie sich herausstellte. Denn Oliver war da gedanklich schon eine Weile mit der Umstrukturierung seiner Arbeit, seiner Werkstatt (Umzug), seines Modell-Portfolios und überhaupt der Neupositionierung seiner Marke beschäftigt. Es sollte alles einfacher werden – aber auf höchstem Niveau, natürlich. Was mir sehr entgegen kam, denn angesichts der Helliver-Modellvielfalt stand ich vor der Frage: Welche grundlegende Form soll es denn sein? Für welches der wunderschönen Modelle sollte ich mich entscheiden? Auswählen macht zwar Freude (siehe Foto), aber ich kann eben auch nur eine Helliver kaufen. Und nicht alle. Aber welche denn dann, welche? Optionsparalyse par excellence.

Hier ist nur eine kleine Helliver-Auswahl zu sehen, mehr gibt es (noch!) hier.

Zwischenzeitig durfte ich mir eine Helliver ausleihen und sie zu Hause testen, sie war (auch von der Form & Bauart) zunächst sogar mein Favorit. Und sie ist wirklich fantastisch. Es ist die Double Choc Momentum, zur Zeit auch noch auf der Helliver-Verkaufsseite zu finden.

Ich hätte mein auf der Momentum basierendes Modell natürlich ”MomenTim” genannt. 🙂

Toller Sound, extrem angenehmes Handling, sehr komfortabel, schnelle Ansprache (optisch und akustisch), rundum gutes Gefühl. Und ich habe selten eine Gitarre erlebt, die so unglaublich stimmstabil ist. Egal, wie lange ich gespielt habe oder ob sie über Nacht in der (nicht isolierten) Mansarde auskühlte und dann wieder Heizungswärme satt bekam: Die Stimmung hielt nahezu perfekt. Was für fachkundig ausgewähltes & optimal abgelagertes Holz spricht – neben der sonstigen exzellenten Hardware & der makellosen Verarbeitung.

Letztendlich entschied ich mich aber für ein anderes Modell. Kurioserweise ist es keine Helliver. Sondern, wie oben angedeutet: eine Baron.

Mein Plan B.

Oh, die Aufregung! 😉

Mehr dazu im nächsten Teil – stay tuned!

PS: Aber da ist doch jetzt noch eine Frage offen, die sich aufdrängt. Oder? ODER?

”Ja, schön … Aber Tim, ich dachte, du bist Bassist und das hier ist doch #timschraubtbass! Warum denn jetzt eine Gitarre und kein Bass? Wenn du dir schon ein Custom-Instrument gönnst!”

Ganz einfach: Gitarre was my first love. Und Bässe habe ich viele & viele gute und vor allem meinen Schraub-Preci, der für mich persönlich derzeit der nahezu perfekte Band-Bass ist. Gitarren, auch E-Gitarren, habe ich auch schon ein paar, ja. Aber weil ich Oliver, seine Instrumente und seine Gitarren-Philosophie in den letzten Jahren nicht nur ganz gut kennen gelernt habe, sondern mittlerweile auch sehr schätze, wird das eine, besondere Instrument zum runden Geburtstag eine Baron Elektro-Gitarre (und zwar eine der allerersten). Ein gutes Gefühl – und ein besseres kann ich mir kaum vorstellen.

87 JIVE TALKIN‘

You got so much!”

Effektgeräte? Für den Bass? Für meinen Bass? Anfang der 90er, in meiner heißen Zeit als Bassist & Co-Sänger einer kleinen, feinen Power-Pop-Combo in meiner Heimatstadt Wilhelmshaven, hieß meine Antwort stets ”Och … Nö.” Ich hatte schon genug mit gleichzeitig Bass spielen, singen und Text vergessen zu tun. Dann auch noch auf ”Tretminen” herumzutanzen, erschien mir immer überflüssig. Und jetzt? Liegt da eine kleine, feine neue Tretmine vor mir. Nicht die erste, die ich mir in den letzten Jahren zugelegt habe, muss ich gestehen. Aber die erste aus Wilhelmshaven!

Und das kam so. Ich hatte schon vor einigen Jahren Spaß an Bass-Effekten gewonnen – und, ehrlich gesagt, schon seit Anfang der 90er ein Bass-Multieffektgerät zum Spielen & Üben per Kopfhörer genutzt. Als ich dann vor über fünf Jahren plötzlich und unerwartet wieder eine Band hatte, probierte ich ein paar Bodentreter aus … und dann noch welche – und dann irgendwie immer mehr, bis ich ein ganzes Board hatte.

Das hat mir viel Spaß gemacht. Und Sound-Welten eröffnet, die ich songdienlich (klar) einsetzen konnte: ein bisschen Chorus bei ruhigeren Stücken, ein bisschen Auto-Wah bei einem fiesen Rocker, ein bisschen Overdrive hier und da … wirklich, großer Spaß!

Neben diesen klassischen Effekten entdeckte ich aber auch Pedale, die den Sound anders, weniger effekt-, aber trotzdem sehr wirkungsvoll formen – zum Beispiel Preamps & DI-Boxen. Da gibt es ja inzwischen eine riesengroße Auswahl, auch speziell für den Bass. Ich entschied mich für ein Gerät mit echter Röhre, weil meine Amps heute meist digital sind. Nur so ein Gefühl. Als Kind der 80er habe ich das fragwürdige Dogma ”digital = kühl, harsch” tief verinnerlicht. Obwohl ich weiß, dass das totaler Quatsch ist (und Röhren vom Handling her ziemlich nervig sein können), beeinflusst mich das trotzdem noch.

Ich merkte schnell, dass so ein Preamp-Pedal richtig was bewirken kann bei der grundsätzlichen Tonformung. Das gefiel mir. Manchmal spielte ich aber auch unter kompletter Umgehung meines Boards, direkt in den Amp gestöpselt, und dachte: Ja, das klingt jetzt aber auch sehr fein, direkt, dynamisch und voll.

Aber der Gear-Nerd in mir war getriggert und ich beschäftigte mich immer mehr mit Pedalen, kaufte pflichtschuldig Fachlektüre und staunte immer mehr über die wunderbare Welt der Boutique-Pedale, die sich seit den 80ern entwickelt hatte. Wir hatten ja nichts früher – also hauptsächlich Pedale von Boss & Ibanez und so, dazu Billigkram, der meist Schrott war – und für den Bass gab’s sowieso nur sehr, sehr wenig Auswahl.

In einem Artikel in der G&B entdeckte ich dann vor einigen Jahren erstmals den Hinweis, dass es tatsächlich mittlerweile eine Boutique-Pedalschmiede in meiner Heimatstadt Wilhelmshaven gibt – JPTR FX. Spannend.

Ich recherchierte. Die – wie ich fand – sehr eigenständig & ansprechend aussehenden JPTR-Pedale waren grundsätzlich eher für Gitarren gedacht & gemacht. Und die Ausrichtung schien eher auf härtere Musikrichtungen abgestimmt zu sein, was natürlich zum musikalischen Image meiner Heimatstadt passte – Heavy ging da schon immer gut.

Und dann, wie man das heute so macht: Ich folgte der Effekt-Schmiede und ihrem Mastermind Chris Jupiter auf Facebook. Schaute mir die Website näher an, freute mich über die gelungenen Texte zu den Pedalen (ist ja immer ein schwieriger Job, über Sound zu schreiben), las Testberichte in Magazinen, sah mir Videos zu den Pedalen an …

Mit anderen Worten: Ich scharwenzelte endlos um die Entscheidung herum, mir endlich mal ein JPTR-Pedal zu bestellen.

Leaving me lookin‘ / Like a dumbstruck fool

Nachdem ich zum x-ten Mal auf Facebook in den Drukos von JPTR-Posts einen schwachen Scherz darüber gemacht hatte, wie das denn nun mit Bass klingt – ja, da machte mir Chris völlig zu Recht eine klare Ansage der Art: ”Bestell dir doch endlich mal eins!”

Der Zeitpunkt war erstaunlich günstig. Mitten in den ersten Wochen der Corona-Zeit – und ich brauchte was, womit ich mich zwischendurch mal aufbauen & belohnen konnte. Außerdem hatte JPTR gerade eine sagenhafte 20 % Rabatt-Aktion gestartet, die übrigens sensationellerweise bis heute läuft.

Und warum ein JIVE?

Der ”JIVE – Reel Saturator” ist nicht nur von allen JPTR-Pedalen ”das normalste”, wie Chris sinngemäß kürzlich sagte (ab ca. 7:40) – es gehört wohl auch zu den meistverkauften aus seiner (kontinuierlich wachsenden) Werkstatt. Und ich hatte es in einem Bass-Magazin getestet gesehen und in einem BassTheWorld-Video einen kurzen, euphorischen Kommentar dazu gehört. Apropos:

Das ist zwar nicht dieses Video mit dem kurzen, euphorischen Kommentar – nein, es ist das Video mit einem sehr langen, sehr euphorischen Kommentar zum Thema JIVE & Bass. Und ich finde es außerdem sehr aufschlussreich, was die Möglichkeiten des JIVE am Bass betrifft.

Es gibt übrigens mittlerweile so viele Videos, die sich mit dem JIVE als Gitarren- und Bass-Pedal beschäftigen und dazu auch beispielhafte Sounds liefern, dass ich mir zum Glück sparen kann, für diesen Artikel auch noch was aufzunehmen. Schaut und hört einfach hier!

In einem der Videos kommt aber die spezielle Magie der JPTR-Effektwelt besonders gut rüber – und es ist sehr charmant gemacht, finde ich:

”Und wie klingt das mit Bass?”

Siehe und höre oben, da sind ja auch einige JIVE-Tests mit Tieftönern dabei. Ich selbst musste mich übrigens etwas gedulden, bis ich (m)einen JIVE mit meinem Bass hören konnte. Und das kam so.

Nach Kauf & Bestellung bekam ich innerhalb von zwei Wochen ein Paket aus Wilhelmshaven. Für ein handgefertigtes Boutique-Pedal eine gute Zeit, finde ich.

Und verpackt war es nicht nur gut, sondern auch schön – weil komplett plastikfrei:

Kleiner Karton in großem Karton …
Schöner Karton (handbeschriftet!) auf Teppich …
Schwarzes Einschlagpapier, sehr schön, auch haptisch …
Da isses! Das JPTR JIVE live. (Übrigens wird für jedes verkaufte JPTR-Pedal ein Baum gepflanzt – geil, oder?

Mir gefällt die etwas abgerockte Optik sehr gut. Außerdem macht das sehr stabil gebaute Ding den Eindruck, als könne auch mal der langbärtige, rundbäuchige Frontmann einer südnorwegischen Black/Doom/Grind/Core-Metal-Band versehentlich (mehrmals) draufspringen, ohne dass es größeren Schaden nimmt (im Gegensatz zu den Bühnenbrettern).

You’re gonna take away my energy

Ich probierte das Teil natürlich gleich aus. Natürlich mit einem amtlichen Netzteil.

Altes Brett, neuer Bodentreter.

Beim ersten hastigen Test war alles gut. Aber dann, einen Tag später, als ich mehr Zeit hatte – da funktionierte außer der Leuchtdiode nichts mehr. Kein Sound.

Hm. Blöd.

Ich kürze die Geschichte mal ab: Ich schrieb Chris eine Mail, schilderte das Problem und wir einigten uns schnell, dass ich ihm das Ding am besten zurückschicke. Dann vergingen ein paar (wenige) weitere Wochen – und der Paketbote brachte mir ein neues (?) JIVE. Und das funktioniert super. Schon seit Monaten.

Ob das JIVE einfach defekt oder was genau das Problem war – keine Ahnung, es gab keine weiteren Erklärungen. Aber, um das nochmal zu betonen: Es hat nur wenige Wochen gedauert. Und es geht hier um ein handgefertigte Boutique-Pedale, direkt beim Hersteller bestellt. Und ich habe mich kurz persönlich mit dem Gründer und Chef der Firma abgestimmt und ohne Diskussionen ein neues (?), funktionierendes Pedal zugeschickt bekommen.

Versucht das mal bei BOSS.

Außerdem war den Beiträgen auf der JPTR-Facebook-Seite zu entnehmen, dass ich global (!) gesehen wohl nicht der einzige war, der sich aus Corona-Frust oder anderen Gründen was von Chris & seinem Team bestellt hat. Die hatten und haben wohl sehr, sehr gut zu tun. Und suchen sogar weitere Verstärkung. Und bauen jetzt auch einen Verstärker. Und bringen viele neue oder überarbeitete Pedale heraus – und dringen gleichzeitig auch in neue, naheliegende Produktbereiche vor.

Ich mag solche (Erfolgs-)Geschichten ja sehr. Nicht nur, weil ich auch seit vielen Jahren selbständig bin und weiß, wie viele Hürden man da überwinden muss. Wobei das bei mir ja noch vergleichsweise harmlos war – als Hersteller technischer Geräte hat man ja einen ganz anderen Bedarf an Raum, Material, Investitionen und Mitarbeitern. Im Vergleich zu einem Hersteller wohlgeschliffener Worte.

Und dann auch noch in Wilhelmshaven, meiner strukturschwachen Heimatstadt, wo ich Anfang der 90er mit meiner Band überall in Kneipen & Clubs und auf den Bühnen von allerlei Stadt- und Stadtteilfesten unterwegs war – und wo es schon immer eine äußerst vielfältige und lebendige Musikszene gab. Schließlich muss man, wenn man hier lebt, auf eher dröge landschaftliche Perspektiven (wie die folgende) kreative Antworten finden, die ein kleines bisschen Schwung und Bewegung in die Bude bringen:

Besser Stiefel anziehen (Nordsee nicht unweit des JPTR-Standorts in ”Schlicktown”).

So. Wo war ich gerade?

It’s just your jive talkin‘ / That gets in the way

Beim JIVE! Yeah!

Was soll ich zum Pedal am Bass sagen: Mir gefällt’s. Sehr, sehr gut sogar. Zunächst mal ist der mögliche Volume-Boost beträchtlich und geradezu ehrfurchtseinflößend. Ich will ja niemandem weh tun mit meinem Bass, vor allem keinem Bass-Amp. Aber schon ohne viel Gain und bei einer dem Clean-Signal angepassten Lautstärke bekommt der Sound meines Schraub-Precis eine gewisse zusätzliche Klarheit, hauchzart komprimiert, angenehm dicht und ohne störenden Dynamik-Verlust.

Apropos ohne Verlust: Das JIVE bewirkt keinerlei Einbußen im Bassbereich. Auch druckvolle Sounds & Spielweisen bleiben nirgendwo im kleinen Kästchen hängen – im Gegenteil, sie kommen m. E. sogar noch besser zur Geltung. Auf der Website wird übrigens erklärt, dass das JIVE die Schaltung/Vorstufe einer alten Akai-Bandmaschine aus den 1970ern nachbildet. Vielleicht kommt meine Sympathie für das Ding auch da her, wir sind ja quasi aus der gleichen Generation

Mit zugeschalteten Dioden bietet das JIVE dann Brett nach Wunsch – vom leichten Hintergrund-Growl bis hin zum berserkerhaft brutalen Über-Drive. Wobei die dezenteren Einstellungen das Zeug zum Always-on-Effekt haben – also (siehe oben) weniger Effekt sind und mehr zur grundlegenden Soundformung beitragen. Auf sehr charaktervolle Art. Hab ich schon erwähnt, wie gut mir das gefällt?

Aktuelles Setup, all details subject to change any time …

Oh my love / You’re so good

Aktuell habe ich das JIVE ans Ende der Signalkette installiert. Ich habe den Eindruck, dass es da den besten Job macht – das Signal gewinnt am Ende nochmal Druck, Klarheit und Definition. Und ich kann den Ausgangspegel der gesamten Signalkette flexibel anpassen.

Da wir leider schon lange nicht mehr ausführlich geprobt haben, konnte ich mein umgestaltetes Pedalboard noch nicht im Bandkontext ausprobieren. Schade. Und bei unserem Live-Auftritt im August – wir waren sehr überrascht und hocherfreut, 2020 überhaupt mal auf einer Bühne stehen zu dürfen – hatte ich mich aus logistischen Gründen für ein Minimal-Setup entschieden und das Board zu Hause gelassen.

Nun gibt’s aber doch ein weiteres Problem mit dem JIVE. Natürlich. War ja klar. Aber ich hatte das zunächst nicht kommen sehen …

Ich habe nämlich den Fehler gemacht, das Ding auch mal mit meiner USA-Tele und meinem (Economy-) Röhrenamp auszuprobieren.

Was soll ich sagen (zum zweiten Mal)? Eine Offenbarung, das JIVE.

Mit Gain auf 12 bis 15 Uhr und der obersten Diode angeknipst bekomme ich einen so fantastischen, klaren, bluesigen, crunchigen und dabei immer noch voll dynamischen Sound (vor allem mit dem Halspickup), dass es eine Freude ist. Freu, freu, freu.

Alle anderen mit dem JIVE möglichen Gitarrensounds sind ebenso inspirierend und zum Ausprobieren & Experimentieren animierend. Kleine Kiste, großartige Geräusche. Ohne klingt’s auf einmal langweilig und leer … es ist wirklich schon fast gemein.

Treating me so cruel

Also was jetzt – noch’n JIVE kaufen? Warum eigentlich nicht … Schließlich stelle ich mir gerade auch ein Gitarren-Pedalboard zusammen. Aus Gründen, die ich demnächst verraten werde. Außerdem kann man jetzt nicht mehr nur ein JIVE kaufen – sondern gleich drei verschiedene.

Denn Chris Jupiter & sein Team haben natürlich inzwischen das Potenzial ihres Bestsellers erkannt und bieten das JIVE jetzt auch als Double-JIVE ”JIVEEVIL” und als Micro-Version (ohne Dioden-Gedöns) an. Einfach mal auf jptrfx.com vorbeischauen. Und bestimmt gibt’s schon viele Tests auf YouTube.

Oder in die aktuelle Ausgabe der G&B hineinlesen – da sind drei JPTR-Pedale ausführlich im Test, eines davon ist das JIVEEVIL. in der G&B gab’s übrigens auch früher schon mal JPTR-Tests zu lesen.

Falls ich noch einmal schwach werden sollte, ist neben dem Micro-JIVE übrigens vor allem das JPTR-Kaleidoskope auf meiner Wunschliste. Mal sehen …

Jive talkin‘, just isn’t a crime

So. Ich weiß zwar nicht, ob die Gebrüder Gibb damals eine Akai-GX-210D-Bandmaschine im Studio stehen hatten, aber die Vorstellung ist doch schön.

Mein JIVE TALKIN‘ kommt hier zum Ende – aber ich schreibe eventuell nochmal ein Update, wenn ich das JIVE auch endlich mal im Bandkontext einsetzen konnte.

Also, wie immer: Stay tuned!