89 PLAN B. (Teil 1)

Eine Menge Holz

Wie im Intro bereits berichtet, kam ich mit der Ankündigung meiner Helliver-Gitarrenbestellung zum genau richtigen Zeitpunkt bei Oliver um die Ecke. Denn dessen Gedanken zur Neuausrichtung seines Sortiments und überhaupt seiner Arbeitsstruktur hatten sich da schon in erste Entwürfe niedergeschlagen. Und nachdem ich bereits ein paar Zeichnungen gesehen hatte, lagen im Herbst 2019, als ich den Helliver-Bass testete, schon fertige Teile eines Prototypen in der Werkstatt. Und ich war sofort angefixt.

Warum? Erkläre ich gerne. Aber dazu muss ich etwas ausholen …. Ja, Gitarre was my first love, wie ich im letzten Artikel schrieb. Aber eben nicht die E-, sondern die A-Gitarre. Nach der üblichen ersten Klassikgitarren-Phase mit freundlicher Unterstützung von Peter Bursch (noch die ursprüngliche Ausgabe mit Schallfolie!) stieg ich nicht sofort zur E-Gitarre auf/um, sondern kaufte mir (mit zum Teil in Ferienjobs erarbeitetem Geld) eine ganz gute Western-Gitarre, wie Stahlsaiten-Gitarren damals im Volksmund hießen. Das war Mitte der 80er.

Die hatte sogar einen simplen Pickup und wurde deshalb in der Band, die ich ungefähr zur gleichen Zeit mitgründete, ausgiebig eingesetzt. Vom Gitarristen (Hallo Andi! 😉 ), denn ich war mittlerweile auf ebenso zufälligen wie schicksalhaften Wegen zum Bass gekommen. Meine akustische Gitarre spielte ich aber immer weiter, schließlich musste ich ja auch Songs schreiben, Harmonielehre verstehen und als Jugendgruppenleiter bei abendlichen Lagerfeuer-Sessions lustiges Rudelsingen begleiten.

Am Anfang meines Studiums lernte ich dann Harald kennen, der einen Gitarrenduo-Partner gesucht hatte – selbstverständlich A-Gitarre. Wir spielten viel zusammen. Ich hatte mich inzwischen auch ausgiebig mit Fingerpicking und sonstigen eher akustischen Spieltechniken beschäftigt.

In meinem Studienjahr in den USA, Mitte der 90er, nutzte ich Gelegenheit und Dollar-Wechselkurs dann unter anderem dafür, mir neue Instrumente zu kaufen. Auf Basis meiner real existierenden musikalischen Aktivitäten war klar, was für Instrumente das sein sollten: ein E-Bass und eine akustische Gitarre. Keine E-Gitarre!

Mein Fender MIJ FotoFlame Jazz Bass, gekauft 1995 in Atlanta/Georgia. Ja, ich mag Holz-Optik. 😉

Die ebenfalls in Atlanta gekaufte Westerngitarre von Simon & Patrick Luthier (Sub-Marke von Godin) ist auch ein schönes Schätzchen. Aber eben auch akustisch. Mit E-Gitarren hatte ich es (noch) nicht so.

Auf dem Weg zum E.

Ende der 90er machte ich auf ebenso zufälligen wie schicksalhaften Wegen die Bekanntschaft einer lustigen ”Alternative Country”-Band in Münster, Barn Pain (Toralf Spittel: Voc/AGit; Marius Spittel: Bass/bVoc; Tom Heller: Drums/bVoc; Cornelius X: EGit; Tim Stelzer: EGit/bVoc). Die suchten gerade zufällig jemanden für die Solo-Gitarre. Ich stieg ein und kaufte mir, wiederum in den USA (Studienaufenthalt in Illinois), in einem Pfandleihhaus meine erste E-Gitarre – eine Charvel/Jackson Strat-Kopie. Sehr schöne Gitarre, die mittlerweile hauptsächlich von meinem Sohn genutzt wird.

Zum Examen 1999 schenkten mir meine Großeltern eine E-Gitarre (bzw. das Geld dafür), die ich in Münster bei Rare Guitar kaufte – eine sehr, sehr schöne blaue Fender USA Telecaster. Die wurde dann meine Haupt- bzw. Band-Gitarre, prominent zu hören in diesen beiden Barn Bain-Preziosen von damals (2001):

BARN PAIN: „Since She Started to Ride“ (Jonathan Richman)
BARN PAIN: „Wreck of the Old ’97“ (Charles W. Noell / Fred J. Lewey / Henry Whitter)

Von A über E nach B.

Meine ersten gitarristischen Prägungen fanden also zunächst vor allem akustisch statt. Western-Gitarren waren meine Welt. Und in der Welt der E-Gitarren, die ich später erkundete, ist die von mir geliebte Fender Tele ja eher so eine No-Nonsense-Gitarre mit einem gewissen rauen, ursprünglichen Charme und Charakter. Eben ein Brett mit Saiten drauf. Gradlinig und effektiv. Aber dann, wenn man sich näher mit ihr (und ihren unzähligen Ausführungen) beschäftigt: Es gibt unglaublich viele Tele-Spieler in einer großen Bandbreite von Stilen. Albert Collins, Mike Stern, Keith Richards, Jimmy Page (ist ja mittlerweile eine Binse, dass er das Solo in ”Stairway to Heaven” auf einer Tele gespielt hat), Danny Gatton, Bruce Springsteen – to name but a few. Da steckt dann offensichtlich doch sehr viel Potenzial in dem nur scheinbar einfachen Brett.

Tja, und was soll ich sagen: Was Oliver in seinen grundlegenden Neuplanungen skizzierte und mir zeigte, kam mir auf dieser Basis dann persönlich so passgenau entgegen, dass ich auch hier nur von einem ebenso zufälligen wie schicksalhaften Weg schreiben kann. Wobei Olivers Konzept natürlich weder viel mit einer akustischen Gitarre noch mit einer Telecaster zu tun hat. Es geht hier nur darum, dass es mich, von diesen Haupt-Prägungen kommend, sofort ansprachen.

B. in Planung

Schon die ersten Parameter des neuen Modells sprachen für sich: ausgehöhlter Korpus, Single Cut, F-Löcher, zwei Pickups – ja, doch, da kam viel zusammen, was für mich zusammengehörte!

Je mehr Oliver mir von seinem neuen Modell erzählte und je mehr Skizzen er mir zeigte, umso begeisterter war ich. Also entschied ich mich letztendlich tatsächlich gegen eine Helliver – und für eines der ersten Exemplare der neuen ”Baron Elektrogitarren” (Olivers neues Label). Ein gewisses Wagnis, ja – es gab zu diesem Zeitpunkt noch kein vollständig fertiges Exemplar zum Testen. Aber ich durfte dann viele Planungsschritte und Detailveränderungen begleiten und bestaunen, die auf den Erfahrungen mit einem ersten Baron-Prototypen beruhten. Und generell vertraute ich auf Olivers Erfahrung und Expertise. Der weiß schon, was er macht – und wenn er aus seinem Wissen mit seiner schon fast manischen handwerklichen Präzision ein neues Modell formt, dann wird das auf jeden Fall etwas Besonderes sein.

Und dann gab’s tatsächlich schon bald eine erste fertige Baron Elektrogitarre, die schon ziemlich genau das fertige Konzept repräsentierte – Trommelwirbel & Tusch:

Sie ist ein Modell …
und sie sieht gut aus. (Aber ein paar kleinere Design-Änderungen sollte es im weiteren Verlauf noch geben.)

Die genaueren Spezifikationen liefere ich in einem der nächsten Artikel nach. Für mich – und Oliver – war an diesem Modell zunächst vor allem wichtig, dass dafür gar nicht so viele Entscheidungen getroffen werden müssen. Die Gitarre ist so, wie sie ist – und abgesehen von den Pickups gibt es kaum Bereiche, in denen ich als Custom-Kunde eine Wahl zwischen verschiedenen Optionen habe. Und das ist auch gut so! Jedenfalls für mich.

Nichtsdestotrotz musste ich gleich am Anfang meiner per Handschlag besiegelten Gitarren-Bestellung eine ganz wesentliche Entscheidung treffen. Denn was ich mir aussuchen durfte/konnte/musste, war das Holz für die Decke. Und das war schwierig genug!

Ich und sein Holz.

Oliver hält eine erstaunlich große und vielfältige Auswahl an (fertig gespiegelten) Deckenhölzern in seiner Werkstatt bereit. Und das schon viel, viele Jahre – die Hölzer sind wirklich optimal abgelagert. Wir ”blätterten” also einen großen Stapel wunderschöner Hölzer durch. Mehrmals!

Dabei blieb ich wiederholt bei einer Decke hängen. Also hörte ich einfach auf mein Bauchgefühl: Diese soll es sein (siehe unten)! Hurra – der erste Schritt auf dem überhaupt nicht zufälligen, aber umso mehr schicksalhaften Weg zu meiner ”Baron” war gemacht!

Die spannende Maserung und vor allem den zarten Riegel erkennt man auf den Fotos leider nur unzureichend.
Aber das bringt das Finish dann ja später deutlicher zur Geltung. Trotzdem, so schon einzigartig, oder? ODER?
Hey, Gitarre schon fast fertig … fehlt noch was?

OK, das war jetzt wirklich eine Menge Holz. Und es wird in den nächsten Teilen des Bau-Berichts sogar noch mehr! Allerdings muss ich Oliver zu einigen der Fotos, die er mir freundlicherweise zwischendurch immer wieder zugeschickt hat, nochmal fragen, welche Arbeitsschritte genau da jeweils dokumentiert sind. Als Nicht-Handwerker sieht man da nur … nun ja, eine Menge Holz.

Bis bald – stay tuned!

88 PLAN B. (INTRO)

”You can never have too many guitars!”

Ein T-Shirt mit diesem Spruch bekam ich bereits vor vielen Jahren mal geschenkt. Abgesehen davon, dass der Spruch sowieso schon immer total wahr war, hat er sich bei mir seitdem sogar noch mehrfach bewahrheitet. Es war einfach nie genug! (Bassgitarren eingerechnet, sind ja auch Gitarren.) Und jetzt geht der Zähler bald wieder hoch: Ich bekomme eine neue Gitarre. Eine elektrische, mit sechs Saiten. Aber nicht irgendeine Gitarre. Nein: Ich bekomme meine Gitarre!

Ich hatte ja vor ein paar Monaten schon mal was angedeutet. Und dann sogar noch einen Hinweis gegeben. Jetzt wird’s langsam ernst! Anfang Dezember feiere ich einen runden Geburtstag, und aus diesem Anlass feiere ich eben nicht. Ist dieses Jahr wohl nicht so günstig, eine große Party mit Family & Friends zu schmeißen. Auch nicht wenige Monate später, gemeinsam, wenn die beste aller Ehefrauen mein Alter einholt. Der ”Plan B.”, den ich mir schon vor längerer Zeit als Alternative ausgedacht (und den die beste aller Ehefrauen sogar spontan bewilligt) hatte, fällt zwar irgendwie auch in die Kategorie ”nicht so günstig”. Eigentlich gerade nicht die beste Zeit für eine solche Investition, könnte man meinen. Aber gerade wegen Corona hat sich mein Plan genau in diesem Jahr bereits als eine sehr gute Idee erwiesen.

Aber ich greife voraus. Die Aufregung! 😉

Ich mach’s kurz und erkläre jetzt schon mal den ”Plan B.”: Ich lasse mir (m)eine Gitarre bauen. Von Oliver Baron aka Helliver aka – jetzt neu! – ”Baron Elektro-Gitarren”.

Und das kam so.

Mein #timschraubtbass-Experiment hat mir ja seit dem Sommer 2017 bereits viele angenehme Überraschungen beschert. Und ein sehr, sehr schöner Bass ist dabei auch herausgekommen.

Ich hätte das Projekt wahrscheinlich gar nicht erst in Angriff genommen, wenn ich nicht ein paar Jahre davor den Sound Ranger kennen gelernt hätte, bei dem ich mittlerweile schon viel Musik-Equipment umbauen, reparieren, warten und optimieren ließ. Und wie regelmäßige Leser meines Blogs wissen, teilt sich der gute Dave schon seit Jahren die Werkstatt-Adresse mit Oliver. Beide standen mir vor & während meines Schraub-Projekts nicht nur mit hilfreichen Tipps zur Seite, sie haben auch aktiv an der Vollendung meines Precis mitgefeilt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Dave sogar zweimal, Oliver einmal ausführlich.

Da kommt man ins Gespräch. Ab und zu probierte ich während eines Werkstatt-Besuchs Olivers Gitarren aus und war sehr angetan. Dann durfte ich den ersten Helliver-Bass ausführlich testen (hier Teil 1, Teil 2 und Teil 3). Und mehr als einmal, nachdem ich Oliver mal wieder durch nerdige Gitarren- und Musikgespräche von der Arbeit abgehalten hatte, verließ ich die Werkstatt mit den Worten: Irgendwann bekomme ich auch eine Helliver. Irgendwann!

Und irgendwann kam ich dann wirklich in die Werkstatt und sagte: Es ist soweit. 🙂

Der Zeitpunkt war vorteilhaft, wie sich herausstellte. Denn Oliver war da gedanklich schon eine Weile mit der Umstrukturierung seiner Arbeit, seiner Werkstatt (Umzug), seines Modell-Portfolios und überhaupt der Neupositionierung seiner Marke beschäftigt. Es sollte alles einfacher werden – aber auf höchstem Niveau, natürlich. Was mir sehr entgegen kam, denn angesichts der Helliver-Modellvielfalt stand ich vor der Frage: Welche grundlegende Form soll es denn sein? Für welches der wunderschönen Modelle sollte ich mich entscheiden? Auswählen macht zwar Freude (siehe Foto), aber ich kann eben auch nur eine Helliver kaufen. Und nicht alle. Aber welche denn dann, welche? Optionsparalyse par excellence.

Hier ist nur eine kleine Helliver-Auswahl zu sehen, mehr gibt es (noch!) hier.

Zwischenzeitig durfte ich mir eine Helliver ausleihen und sie zu Hause testen, sie war (auch von der Form & Bauart) zunächst sogar mein Favorit. Und sie ist wirklich fantastisch. Es ist die Double Choc Momentum, zur Zeit auch noch auf der Helliver-Verkaufsseite zu finden.

Ich hätte mein auf der Momentum basierendes Modell natürlich ”MomenTim” genannt. 🙂

Toller Sound, extrem angenehmes Handling, sehr komfortabel, schnelle Ansprache (optisch und akustisch), rundum gutes Gefühl. Und ich habe selten eine Gitarre erlebt, die so unglaublich stimmstabil ist. Egal, wie lange ich gespielt habe oder ob sie über Nacht in der (nicht isolierten) Mansarde auskühlte und dann wieder Heizungswärme satt bekam: Die Stimmung hielt nahezu perfekt. Was für fachkundig ausgewähltes & optimal abgelagertes Holz spricht – neben der sonstigen exzellenten Hardware & der makellosen Verarbeitung.

Letztendlich entschied ich mich aber für ein anderes Modell. Kurioserweise ist es keine Helliver. Sondern, wie oben angedeutet: eine Baron.

Mein Plan B.

Oh, die Aufregung! 😉

Mehr dazu im nächsten Teil – stay tuned!

PS: Aber da ist doch jetzt noch eine Frage offen, die sich aufdrängt. Oder? ODER?

”Ja, schön … Aber Tim, ich dachte, du bist Bassist und das hier ist doch #timschraubtbass! Warum denn jetzt eine Gitarre und kein Bass? Wenn du dir schon ein Custom-Instrument gönnst!”

Ganz einfach: Gitarre was my first love. Und Bässe habe ich viele & viele gute und vor allem meinen Schraub-Preci, der für mich persönlich derzeit der nahezu perfekte Band-Bass ist. Gitarren, auch E-Gitarren, habe ich auch schon ein paar, ja. Aber weil ich Oliver, seine Instrumente und seine Gitarren-Philosophie in den letzten Jahren nicht nur ganz gut kennen gelernt habe, sondern mittlerweile auch sehr schätze, wird das eine, besondere Instrument zum runden Geburtstag eine Baron Elektro-Gitarre (und zwar eine der allerersten). Ein gutes Gefühl – und ein besseres kann ich mir kaum vorstellen.

82 THE BASS BABY (III)

”Man hört, dass es ein Helliver-Instrument ist.” – Oliver Baron im Interview (Teil 3 des Bass-Berichts).

Wie versprochen gibt’s heute den Helliver-Chef & -Gründer Oliver im O-Ton. Der freundliche Dipl.-Des. spricht über den ersten Bass aus seiner Werkstatt – und lässt dabei angemessen tief blicken, was seine Arbeits- und Herangehensweise im Allgemeinen und Speziellen angeht. Und nein, es ist bestimmt kein Zufall, dass dabei schon nach rund 20 Sekunden zum ersten Mal das Wort ”Anspruch” fällt – und nach 20 weiteren Sekunden zum zweiten. 😉

Ich traf mich mit Oliver in einem kleinen Café in unserer Nachbarschaft (wir wohnen praktischerweise im gleichen Stadtteil), das auf traditionelles, aber zeitgemäß gestaltetes Handwerk setzt und mit liebevoller Hingabe selbst hergestellte Produkte anbietet. Hm. Bevor jetzt jemand die bösen Wörter ”Trend” und ”Craft” laut ausspricht, schnell zum Interview – in dem sich Oliver nicht nur wieder einmal als angenehm offener und inspirierter Gesprächspartner erweist, sondern es auch schafft, mich mit seiner Antwort auf meine halb scherzhaft gemeinte letzte Frage ziemlich zu überraschen. Aber lest selbst!

Ich habe beim Interview total vergessen, einfach mal ein Foto zu machen. Aber das iPhone war ja auch mit Mitschneiden beschäftigt. Also hier stellvertretend Olivers Schätzchen, die er beim Guitar Summit 2019 präsentiert hat – Helliver-Bass inklusive.

[timschraubtbass] Oliver, du baust jetzt schon seit rund 20 Jahren Gitarren. Musstest du wirklich so lange üben, um dich an deinen ersten Bass zu trauen?

[Oliver Baron] Es wäre nicht zwingend nötig gewesen, so lange zu warten. Was mich davon abgehalten hat, ist einfach, dass ich kein besonders guter Bassist bin. Denn wenn ich einem Kunden ein Instrument so auf den Leib schneidere, wie ich das mit den Gitarren mache, ist mein Anspruch dabei, das Instrument auch komplett zu verstehen. Also es wirklich spielen und beurteilen zu können – weil es eben um die Feinheiten geht. Irgendeinen Bass, der „ganz gut“ klingt, den hätte ich auch schon im ersten Jahr bauen können. Aber darum kann es ja nicht gehen. Jedenfalls nicht bei Handarbeit, bei den aufgerufenen Preisen und bei meinem Anspruch an meine Arbeit.

Deshalb habe ich das lange vor mir hergeschoben. Als ich dann das Firebug-Gitarrenmodell gebaut habe, dachte ich: Das wäre auch ein schöner Bass! Ein bisschen war die Idee dabei auch, dass ich damit davonkomme, wenn der Bass etwas „speziell“ wird. Es sollte gar nicht der Bass sein, der alles kann und jedem gerecht wird – sondern der eine Nische füllt. Daher dann auch die Medium-Mensur und die ungewöhnliche Holzauswahl: Ich war gespannt, was dabei rauskommt. Abseits der Fender- und Alembic-Schule gibt es jetzt nicht so viel Auswahl, finde ich. Vor allem keine Instrumente, die als Haupt-Bass irgendwie sexy sind. Wobei das in den letzten Jahren mehr geworden ist, muss ich sagen.

Aber die Idee war eben, einfach genau so ein Nischen-Instrument zu bauen. So, wie ich mir das denke. Und dann zu schauen, wie’s wird. Und wenn’s dann nichts wird, ist es auch egal (lacht).

Also ist der Bass „aus eigenem Antrieb“ entstanden – oder gab es auch schon viele konkrete Nachfragen nach einem Helliver-Bass?

Beides eigentlich. Es gibt viele Bands, in denen zum Beispiel beide Gitarristen meine Gitarren spielen. Dann kommt der Bassist irgendwann natürlich auch: „Was ist denn jetzt mal mit einem Bass?“ (lacht) Ich rede jetzt ja schon seit fünf oder sechs Jahren davon … Aber es war hauptsächlich der eigene Antrieb. Ich wollte wissen: Wie wird das, wenn ich sowas mache?

Da meine Gitarren trotz – oberflächlich gesehen – ähnlicher Bauweise wie beispielsweise bei Gibson doch völlig anders klingen, war meine Hoffnung, dass ich das beim Bass auch erreiche. Also wenn ich Mahagoni und Ebenholz verwende und den Hals einleime, dass da eben nicht ein Gibson EB rauskommt. Und genauso war es dann auch.

Das, was meine Gitarren von ähnlichen Gitarren auf dem Markt unterscheidet, das unterscheidet auch meinen Bass von vergleichbaren Bässen. Man hört, dass es ein Helliver-Instrument ist – und das finde ich natürlich sehr zufriedenstellend.

”Sehr zufriedenstellend” – ein klarer Anwärter auf den Award für das „Understatement des Jahres” 2019.

Was waren für dich bei der Konzeption des Basses die maßgeblichen Parameter?

Ich wollte, dass es ein kompaktes und leichtes Instrument wird – also auch für Umsteiger von der Gitarre funktioniert. Auch, weil ich mich ja selbst so einordnen würde. Was will ich mir – als nicht so groß geratener Mensch und Gitarrist – gerne umhängen? Das waren in etwa die Vorgaben. Ich wäre schon zufrieden gewesen, wenn dabei, ich sag mal: ein guter Rocksound rausgekommen wäre. Wenn man mit dem Bass also ein ordentliches Fundament legen kann. Das hätte mir schon gereicht.

Die Holzauswahl war dabei aber gesetzt?

Ja, das war im Grunde die Übertragung meines Gitarrenkonzepts auf den Bass. Ich wollte sehen, ob das funktioniert. Ich war mir ziemlich sicher, dass es funktioniert – und dass die Gründe, warum andere Hersteller das nicht so machen, eher traditioneller Natur sind. Wer sonst leimt den Hals ein – und wer nimmt Mahagoni, vor allem für den Hals? Das macht kaum jemand.

Oft denkt man, dass viele in der Industrie gesetzte Standards eben so sind, weil das total sinnvoll ist und nichts anderes funktioniert. Das ist in der Regel aber einfach nicht so. Das sind meist uralte Entscheidungen, die irgendwann mal getroffen wurden – und die wir dann zum hundertsten Mal durchkauen, weil uns für andere Optionen die Vorstellungskraft fehlt oder man doch nur einen Markt bedienen will. Wozu das Konzept ändern, wenn die Kundschaft doch eher an den alten Standards klebt?

Also lieber neue Standards setzen – oder zumindest testen, was geht.

Genau. Einfach schauen, was mit anderen Mitteln geht. Wenn der einzige gut klingende Bass wirklich aus einem Erlen- oder Eschen-Body mit aufgeschraubtem Ahorn-bestehen müsste, dann hätte ich das Projekt auch nicht weiterverfolgt.

Hast du denn im Bassbereich recherchiert oder dir bestimmte Sachen angeschaut?

Ich führe ja auch Reparaturen durch, hauptsächlich Neubundierungen, und habe deshalb seit fast 20 Jahren immer wieder andere Instrumente in der Hand. Vieles kann man da übertragen: Ich weiß, was ein Ahorn-Hals im Vergleich zu einem Mahagoni-Hals am Ton verändert. Ich weiß, was leichtes und was schweres Mahagoni am Ton macht – und an welcher Stelle. Und ich weiß, was der Faktor Gewicht grundsätzlich für ein Instrument bedeutet.

Wie genau dann die persönlichen Ansprüche aussehen und ob man mit dem Bass dann in einer bestimmten Frequenz und in einer bestimmten Band-Konstellation durchkommt, das müssen mir dann letztendlich die ersten Beta-Tester sagen – so wie du halt.

Alles bereit zum Beta-Test unter den harten Einsatzbedingungen einer eher selten auftretenden Band mittelalter Männer. Man beachte den sauber gestaubsaugten Probenraumboden. Nicht im Bild: das alkoholfreie Radler. Rock’n’Roll!

Welche neuen Erfahrungen hast du beim Bau des Basses gemacht – und gab es dabei Überraschungen für dich?

Ich war über das erste Feedback und meinen eigenen Eindruck von dem Instrument insofern sehr überrascht, das vieles, was man allgemein mit der kürzeren Mensur verbindet, da überhaupt nicht zum Tragen kommt. Ich hatte vorher gedacht: Wenn die Mahagoni-Konstruktion mit der kurzen Mensur irgendwelche eklatanten Schwächen hat, der Bass also zum Beispiel nur bassig klingt, schlecht auflöst, irgendwie „Gummi“ wird, untenrum schmiert, viel zu wenig Mitten hat, dass es hauptsächlich an dieser Kombination liegen würde. Das hat sich aber alles nicht bewahrheitet.

Die Gesetze sind zumindest bei diesem Instrument tatsächlich doch andere. Viele „Vorhersagen“ kann man zwar von Gitarren-Konstruktionen übertragen – viele aber auch nicht. In diesem Fall ist es für mich gut ausgegangen. Die Schwächen, die ich eigentlich befürchtet hatte, sind alle nicht vorhanden. Dafür gibt es natürlich andere Dinge, die ich mir noch genauer anschauen will – damit es eben nicht nur ein guter, sondern ein sehr guter Bass wird. Das sind Details wie die Brücke, vielleicht auch die Mensur, die Halsdicke. Aber ich kann auf jeden Fall mit einem geleimten Mahagoni-Hals in einem Mahagoni-Body und mit einem Ebenholz-Griffbrett arbeiten – und das wird super funktionieren. Was vorher überhaupt nicht klar war.

Das Projekt war also in mancherlei Hinsicht durchaus überraschend. Aber zum Glück hauptsächlich positiv (lacht). Es hätte auch der letzte Helliver-Bass werden können. Wenn meine Befürchtungen eingetreten wären, hätte ich den Schluss daraus gezogen, dass die grundlegende Holzkombination und -konstruktion so nicht funktioniert für einen Bass.

Weil man das dann nicht mehr kompensieren könnte, also zum Beispiel mit der Brücke oder anderen Konstruktionsdetails?

Genau. Oder man hätte wirklich sehr viel kompensieren müssen – und das kann’s ja auch nicht sein. Es muss ja für sich gesehen schon ein gutes Holz mit Vorteilen sein – sonst brauche ich damit nicht zu arbeiten. Und die übliche Fender-Bauart wäre zu weit weg gewesen von dem, was ich sonst mache. Das hätte mich dann nicht interessiert.

Wie würdest den Anteil, den Holzauswahl und -konstruktion am Sound haben, in Prozent einschätzen – ungefähr jedenfalls?

Das ist schwierig. Wenn man alles mit reinnimmt, inklusive Griffbrett … es ist sehr schwer konkret zu beziffern. Und wo guckst du jetzt hin? Ist der Primärton dein Fokus oder das, was aus dem Amp rauskommt?

Ich sag mal so: Wenn du über einen guten Verstärker spielst und die Feinheiten raushörst, sicherlich 50 Prozent. Man kann einiges kompensieren, das stimmt auf jeden Fall. Aber wenn du genau das gleiche Instrument mit grundverschiedenen Hölzern baust, funktioniert das eine hervorragend und das andere überhaupt nicht – soweit würde ich gehen, was die Einschätzung der Relevanz der Hölzer angeht.

Eine ganze Menge relevantes Holz: der Helliver-Bass.

Welche Optionen gibst du Bassisten, wenn sie den Helliver-Bass bei dir bestellen möchten?

Wenige! (lacht) Farblich gibt es natürlich Optionen, auch beim Halsprofil und der Mensur und ganz klar bei den Pickups. Ich sehe da gar nicht so sehr den einen Pickup-Typ als gesetzt an – das ist weitgehend Geschmackssache. Gerade beim Bass kann man über die Pickups wunderbar andere Klangfarben herausholen, die alle ihre Berechtigung haben.

Andere Bodyformen, einen dickeren Body oder eine andere Kopfplatte werde ich nicht anbieten. Das ist alles sehr aufwändig und bietet nur kleinere Mehrwerte, die man als Kunde nach einem halben Jahr vielleicht gar nicht mehr wahrnimmt. Grundsätzlich geht es hier um „alles anbieten“ kontra „es besser wissen“ – dazwischen muss man sich einpendeln. Ich versuche dann eher, das, was ich weiß und vielleicht auch besser weiß, wirklich als gesetzt anzubieten. Am Ende sind so alle zufriedener, glaube ich. Und wer sich darin nicht wiederfindet, kommt dann vielleicht irgendwo anders zum Zug – ist dann auch OK für mich. Der Bass ist in meinem Portfolio ja immer noch ein Nischen-Ding.

Was hat dir das bisherige Feedback zum Bass für Erkenntnisse gebracht?

Auch wieder einiges. Ich höre natürlich ganz genau hin – und rechne immer mit dem Schlimmsten (lacht).

Bei den Dingen, die mehrfach gesagt werden, ist es für mich klar, dass ich das umsetzen muss. Vor allem, weil ich im Bassbereich nicht so viel Praxiserfahrung habe. Das nehme ich sehr, sehr ernst und sammle immer weiter Feedback.

Ich bequatsche das dann alles mit meinem „Chefentwickler“ Dave [Sustain a.k.a. Sound Ranger], der ja ursprünglich Bassist ist. Ich kann das halt weniger gut beurteilen als jemand, der Bass spielt – selbst wenn er kein Wahnsinns-Könner sein sollte, denn darum geht es ja gar nicht. Sondern einfach darum, dass man das Ding regelmäßig umhat und spielt. Dann weiß man genau, wo’s drückt oder was funktioniert und was nicht. Anders als bei den Gitarren, da lasse ich mir gar nicht mehr reinreden (lacht).

Und was kommt als nächstes – die Helliver-Ukulele?

Ich habe tatsächlich schon „E-Kulelen“ gebaut, ganz am Anfang. Eine davon habe ich einem meiner ersten Kunden geschenkt, Guido von den Donots. Als Mini-Kopie von seiner Helliver Classic.

Es ist aber schwierig, die Dinger bei der sehr kurzen Mensur mit Stahlsaiten zum Intonieren zu bringen. Klingt auch komisch, eher wie eine schlechte E-Gitarre – deshalb habe ich das auch nicht weiterverfolgt.

Gut, dass ich in meinem Archiv noch Helliver-Fotos habe … Hier richtet Oliver gerade die Bünde meines Schraubbasses ab – noch vor dem Werkstatt-Umzug.

Vielen Dank nochmal an Oliver für das Gespräch! Und weiterhin viel Erfolg mit dem tollen Helliver-Bass. Und mit den Helliver-Gitarren natürlich auch. 😉 Zum Abschluss (und auch als Überleitung zum demnächst erscheinenden neuen Blogartikel) hier nochmal der gute Florian Friedrich, wie er den Helliver-Bass auf der Guitar Summit 2019 anspielt. Übrigens ein Video mit richtig professionell aufgenommenem Bass-Sound … kann ich sowas vielleicht auch? Stay tuned!