106 JAZZ SPASS (Teil 2)

Die Ölprinzessin

Rein grammatisch gesehen sind Gitarren feminin und Bässe maskulin. Aber in meinem Kopf ist bei Bässen eine Binnen-Differenzierung, warum auch immer: Fender Precis sind männlich, Fender Jazz Bässe sind weiblich. Liegt es an ihren Formen? An den (ziemlich genderklischeehaften) (B)Assoziationen ”Preci = fürs Grobe” & ”Jazz Bass = fürs Feine”? Woher kommt das? Egal. Isso. Bei mir jedenfalls. Deshalb also diesmal eine Ölprinzessin, analog zum letzten Mal.

Ich habe keinen Ahnung, aus welchem Holz der Bass Body (vgl. Teil 1) gefertigt ist. Aus mindestens vier Teilen, wie’s aussieht. Er ist aber relativ leicht. Das hier hatte Marius, von dem ich den Body gekauft habe, dazu geschrieben:

”Corona” – schon gegoogelt? 😁

Das Holz wirkte trotz ”Satin Finish” eigentlich eher unbehandelt. Also habe ich einfach mal das restliche Öl rausgesucht, das ich damals für den Preci ausgewählt hatte. Und losgepinselt.

Hand hoch: Wer dachte als Kind, es hieße ”Berndstein”? – Niemand?? Oh.

Das Holz nahm die Ölung mit dem Bernstein-Öl recht dankbar auf, hatte ich den Eindruck. Das machte Mut. Also am nächsten Tag gleich die Nachbehandlung mit dem Hartöl Spezial:

Sticky Dingers

Ich ließ das alles ausreichend lang einziehen und trocknen. Das Ergebnis gefiel mir schon sehr gut:

In der Halsposition wäre sogar Platz für einen Humbucker.

Aaaaaber.

Ich wollte schon fast mit dem Schrauben weitermachen, da fiel mir auf & ein: Da war doch beim letzten Mal noch was! Und zwar Wachs. Fast vergessen. Das damals benutze Möbelwachs war aber schon alle. In den Tiefen unserer unermesslichen häuslichen Wunderkammer (aka ”Dachboden”) fand ich noch ein anderes (und uraltes) Möbelwachs. Roch ’n büschn komisch, aber egal. Rauf damit:

Preis noch DM (obsoletes Zahlungsmittel, gerne auch mal nach ”Corona” googeln, vgl. Teil 1).

Das Zeug musste dann auch nochmal gut antrocknen. Was mit Gelegenheit gab, mich schon mal mit dem Hals zu beschäftigen.

Schlag auf Schlag

Der Hals war ja noch rundum ”nackt”, was so nicht bleiben konnte. Übrigens: Lackiert ist er schon, eine Öl/Wachs-Behandlung war also nicht nötig. Zuerst wollte ich die Boston-Mechaniken installieren. Was erfahrungsgemäß einigen Stress verursachen kann. Und, klar, diesmal war’s auch wieder der Hammer:

Hammer-on

Aber es ging gut. Etwas schwerer als beim Preci, hatte ich den Eindruck, aber ich hatte vorher den Durchmesser der Hülsen ausgemessen. Und war mir sicher: Die Boston-Mechaniken müssen passen. Auch wieder ein Aspekt von Leo Fenders Erbe: Im E-Bass-Bereich sind Precision Bass und Jazz Bass ewige Standards. Über die Jahrzehnte hat sich für beide ein immens vielfältiger Markt für Austausch- und Ersatzteile entwickelt, der sich natürlich an den klassischen Parametern der Instrumente orientiert. Das macht die Sache – und mein Projekt – erheblich einfacher.

Fertig behülster Hals

Gezwungenermaßen

Nicht lange fackeln: Die Mechaniken müssen ja noch festgeschraubt werden. Ohne Vorbohrungen. Und möglichst ohne Verwackelungen.

Beim letzten Mal hatte ich mir dafür Schraubzwingen ausgeliehen. Diesmal wollte ich endlich eigene haben. Kann man ja immer mal gebrauchen. Also online bestellt. Bin recht zufrieden damit.

Nein, es scheint zwar so, aber die Fender Service Quality ist eigentlich nicht fürn Arsch.

Ich habe für die weitere Fixierung der Mechaniken auf eine recht pragmatische Lösung gesetzt:

Krepp as Krepp can

Hat super (!) funktioniert! Kurz darauf hatte ich alle Schrauben drin. Und keine einzige locker (anders als beim ersten Mal).

Beflügelter Hals

Ich merkte jetzt schon: Der Bass wird wohl eher kopflastig. Leichter Body und nicht gerade Lightweight-Mechaniken oben dran. Aber egal, darum geht’s mir ja nicht. Ziel ist ja nur, dem von Harald geerbten Basshals eine würdige Existenz aufzubauen. Und ich glaube tatsächlich, dass der Hals das beste bzw. hochwertigste Teil meines neuen Jazz Basses ist. Und da der Hals bei E-Gitarren und -Bässen von ausgewiesenen Experten (vgl. hier ab 1:05:30) als wichtigster Part für den Ton bewertet wird, ist das doch fein so.

Rauschende Freude

Der gewachste Body war inzwischen gut getrocknet. Glänzendes Ergebnis:

Honig? Bernstein? Egal, wunderschön.
Ready to rumble. Bzw. schraubl.

Alle Teile waren jetzt also bereit! Was dann passierte, kann ich eigentlich nur mit „Der Rausch” betiteln. Davon erzähle ich euch im nächsten Teil von ”JAZZ SPASS”, der nach der Weihnachtspause erscheinen wird. Meine Güte, so viel los hier im Blog wie schon lange (!) nicht – stay tuned!

103 JAZZ SPASS (Teil 1)

Vererbungsehre

Mein 2018 verstorbener Freund Harald hat einen besonderen Platz hier in meinem Blog. Ich denke sehr oft an ihn – und das nicht nur, weil ich seinen Fender MIM Jazz Bass geerbt habe. Aus seinem Nachlass waren noch ein paar andere Sachen bei mir gelandet. Zum Beispiel ein Jazz-Bass-Hals. Und mit dem fing meine ”Schrauben 2.0”-Geschichte an.

Es ist ein sehr schöner One Piece Maple Neck mit (wahrscheinlich) Palisander-Griffbrett, 21 Bünden, Skunk Stripe und einem Sattel aus weißem Kunststoff. Ohne Mechaniken und ohne Bohrlöcher für die Halsschrauben – er war also offensichtlich noch nicht im Einsatz gewesen. Harald hatte immer wieder andere und neue Instrumente ausprobiert und war erst mit seinem Fender MIM Jazz Bass richtig zufrieden. Ich glaube, er hatte mir irgendwann auch mal davon erzählt, dass er einen Basshals bestellt hat – aber ich weiß nicht mehr, warum genau und woher.

Während Haralds Jazz Bass hier inzwischen einen sehr guten Einsatzort gefunden hat, der ihm sehr gefallen hätte (dazu später mal mehr), stand der Hals lange Zeit in einer Ecke rum. Und wartete darauf, dass ich mich mit ihm beschäftige. Und etwas aus ihm mache.

Im Frühling 2020 erschien mir die Zeit dafür gekommen. Erinnert sich noch jemand an Corona? Also die Pandemie? Nein? Tja, dachte ich mir. Googelt das ruhig mal, ist eine spannende Geschichte. Die ich hier aber nicht erzählen möchte.

Ich dachte mir: Das ist doch bestimmt eine gute Zeit, um aus dem Basshals einen vollständigen Jazz Bass zu machen! Ich wollte dabei sehr pragmatisch und ohne allzu große Investitionen vorgehen. Also suchte ich auf (damals noch Ebay-) Kleinanzeigen nach günstigen Bass-Bodys, die passend aussahen. Und dachte mir auch noch: Hier wirken sich Verdienst & Erbe Leo Fenders, was den E-Bassbau angeht, wahrscheinlich sehr positiv aus. Denn Preci und Jazz Bass sind hier nun mal DIE beiden großen Standards. Also müsste ein Jazz-Bass-Body und eine Jazz-Bass-Hals schon IRGENDWIE zusammenpassen, wenn sie halbwegs nach den klassischen Maßen gefertigt wurden. Motto: Aufs Beste hoffen – und sonst wird’s irgendwie passend gemacht. 😉

Let’s get it on!

Am 17. Mai 2020 erstand ich von Marius M. (der offensichtlich ein sehr engagierter Bass-Schrauber ist) einen Jazz-Bass-Body, der meine Kriterien erfüllte: Holz-Optik und mit vielen Parts, die schon/noch installiert waren. Für 70,- € wirkte das wie ein guter Deal für mich. War es auch.

Fehlt nicht mehr viel, oder?

Ich hatte hier noch Fender Jazz-Bass-Pickups rumliegen, weil ich bei meinem MIJ Foto Flame Jazz Bass mal die Original-PUs gegen Bartolinis habe tauschen lassen. Außer Mechaniken und Elektrik fehlte also nicht mehr viel. Halsschrauben und weiterer Kleinkram waren im Paket dabei, das Marius mir dann schickte.

Ich war motiviert und bestellte schnell noch ein paar Sachen mehr von BassParts dazu:

Boston macht den Basston rein.

Und dann?

Tja. Dann entwickelte sich diese Corona-Geschichte (schon gegoogelt?) ganz anders als gedacht. Und ich fand überhaupt nicht die Muße und Ruhe, die ich zum Bassschrauben haben wollte. Die Sachen lagen hier rum. Eine massivere Austausch-Bridge besorgte ich zwar noch (auch per Kleinanzeigen) für wenig Geld, aber ansonsten ruhte das Projekt.

UND DANN??

Dann kam der Spätsommer 2024. Mit einer (privaten) Geschichte, die sehr strapaziös war, aber nochmal gut ausging. Ende September fiel mein Blick mal wieder auf den Basshals. Ich suchte spontan alle Teile zusammen, die ich hatte, und überlegte.

Bass we can!

”Warum nicht einfach jetzt?” – kaum war der Gedanke gedacht, fasste ich einen Plan: Einfach mal anfangen und das Ding fertig bauen!

Aber die Elektrik fehlte ja noch. Mit meinem Schraub-Preci hatte ich gute Erfahrungen mit den vorgefertigten Lösungen von Richter Elektronik gemacht. Warum mache ich es mir also auch hier nicht einfach? Gedacht, bestellt – mit weiteren Teilen, die noch fehlten.

Göldone Perspektiven

Zufällig genau die Summe, die ich für den ”Loaded Body” bezahlt hatte. Womit sich meine Ausgaben (inkl. neuer Bridge) auf etwas über 200,- € summierten. Was mir so gerade noch vertretbar erschien.

Alles ist drin

Die Teile kamen schnell an, wie immer bei BassParts mit einem kleinen Goldie-Gruß on top:

Goldbären-Perspektiven

Na dann – loslegen! 😊

Was ich als erstes machte und ob dabei irgendwas schief lief, erfahrt ihr im Teil 2 von ”JAZZ SPASS” – stay tuned!